Kein Licht am Ende des Corona-Tunnels. Das deutschlandweit beachtete Senats-Pilotprojekt wurde ebenso fix wieder abgebrochen, wie es auf die Beine gestellt wurde. Alles bleibt beim Alten. Deutschland steckt im Dauer-Lockdown fest, und so liefern Orchester und Ensembles frischproduzierte Musik weiter per Livestream, Radiokonzert, Zoom-Meeting – oder erfinden neue Formate wie das RSB, das im März digital durch „Kinderzimmer, Klassenzimmer, Wohnzimmer“ tourte.
Corona ist ein tragischer Mist, aber alles ist besser als die Tristesse von Stillstand und Nichtstun. Und so klingt Corona-Berlin im April.
Die Staatskapelle Berlin umkreist in zwei Konzerten (veröffentlicht auf Youtube) Musik an der Schnittstelle zwischen Symphonie und Unterhaltung. Die Komponisten: Mozart, Dvořak, Brahms, Schönberg. Die Struktur: gelockert, der Habitus: intim. Das Ziel: es soll sereno, Sereno-naden-heiter klingen. Simon Rattle schnappt sich Dvořak und Brahms, Barenboim macht Mozart und Schönberg. Am meisten interessieren Schönberg und Brahms – Brahms, weil dessen Serenade Nr. 2 alles andere als hochromantisch sein will und die spektakulär unspektakulären Themen mit stillem Stolz vor dem Ohr des Zuhörer vorbeiziehen. Rattle belässt dem Werk (UA 1860) prompten Klang und lebhafte Farbe und sichert ihm so unverstellten Ausdruck. Ernst und ein Gefühl für Vorwärtsbewegung stehen da nie im Vordergrund, sprechen aber stets mit. Dvořaks 15 Jahre später entstandene Streicherserenade Es-Dur ist gleichfalls fünfsätzig, klingt volkstümlicher, atmet wärmer. Gibt Rattle den Serenaden eine sicher ausgehörte Weiträumigkeit, so betont Daniel Barenboim in seinem Konzert eine auch klangliche dichte Intensität. Neben Mozarts wunderbar warm ausmusizierter Gran Partita gelingt vor allem Schönbergs Kammersinfonie Nr. 1 in der Originalfassung ungemein spannungsvoll und thematisch dicht verstrebt, wozu auch das ehrgeizige Tempo beiträgt, und dirigieren tut das Ganze Barenboim mit einer Art herrischer Alters-Ungeduld.
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