• Opernkritik/Konzertkritik
    • Bayreuther Festspiele News & aktuell
      • Bayreuther Festspiele Spielplan 2016
      • Bayreuther Festspiele Spielplan 2017
      • Bayreuther Festspiele Spielplan 2018
      • Bayreuther Festspiele Spielplan 2019
      • Bayreuther Festspiele Spielplan 2020
  • Die besten Orchester der Welt – oder doch nicht?
  • Anton Schlatz
  • Impressum
  • Daniel Barenboim
  • Richard Wagner
  • Christian Thielemann
  • Anton Bruckner
  • Richard Strauss
  • Kirill Petrenko

Opern- & Konzertkritik Berlin

~ Klassik-Blog für Konzertberichte und Opernkritiken aus Berlin

Opern- & Konzertkritik Berlin

Schlagwort-Archiv: Staatskapelle Berlin

Musikfest: Staatskapelle Argerich, Saunders/Webern

12 Sonntag Sept 2021

Posted by Schlatz in Anton von Webern, Cellokonzert, Daniel Barenboim, Enno Poppe, Martha Argerich, Rebecca Saunders, Robert Schumann

≈ 19 Kommentare

Schlagwörter

Staatskapelle Berlin

Das Musikfest läuft auf Hochtouren. Bei der Staatskapelle glänzt die alterslos bezaubernde Martha Argerich mit Schumann. Und der zeitgenössische Ableger des Luzerner Festivalorchesters präsentiert Saunders und Webern.

Unter den Linden (3G, mit Maske drinnen, aber ohne, wenn man sitzt) pfeift man auf die Festivaldramaturgie und bringt Teil 1 eines kleinen Schumannzyklus (Sinfonien, Klavier-, Cellokonzert). Da ist Martha Argerich. Gleicher Rock mit Zahlenmuster wie letztes Jahr. Auf dem Weg zum Flügel steigt sie über Aufnahmekabel, quetscht sich zwischen Flügel und Mikrofonständer hindurch. Der Gang etwas unsicher. Dann geht es los. Orchesterschlag, drei Takte abstürzende Akkorde, Thema Oboe, Thema Solistin: Argerich spielt wunderbar phrasierte acht Takte, inklusive einer kleinen, drängenden, scharfen Tempoanhebung, inklusive eines Aufblühens der Melodie, getragen von traumhaft sicheren Spannungsmodifikationen, inklusive eines unglaublich farbreichen Piano (das fast übertrieben sein kann, denkt man). Der Anschlag: Als würde Mona Lisa das Auge aufschlagen. Das hat Argerich trotz 80 Jahren noch im Köcher: vollgriffiges Temperament, die Bereitschaft zu träumerischem Chiaroscuro, Ausdruck. Kann es besser vielleicht als all die restlichen Pianisten der Welt.

Martha Argerich: heute Abend schnuppe

Die Attacke der Linken: scharfgeschnitten, kühn, fortreißend. Manchmal auch wie verschleiert, als wollte sie die Emphase weniger offensichtlich machen. Die Solo-Reprise des Themas: unendlich schattierungsfähig. Die Kadenz: 52 Takte Verhalten und Vorwärtsdrängen, die überleitenden Triller leuchten scharfkantig, mit die schönste Musik, die ich in Jahren gehört habe. Ist ja klar, dass Argerich mittels Rubato und Akzent expressiv phrasiert, wie es Jüngere sich nicht mehr erlauben können (weil sie auch den Ton dazu nicht haben). Wenn da manches breit, radikal uneben (die Rechte), heftig pedalisiert, verwaschen oder schlicht wackelig klingt (Durchführung, Oktaven der Rückkehr zum tempo primo), ist das heute Abend schnuppe. Barenboim ist nicht zimperlich mit der Lautstärke, Transparenz interessiert ihn nur, wenn Transparenz den Ausdruck steigert. Übrigens ist der Saal an den Flanken (sitze rechts Seite) heute ungnädig mit der Klarheit des Klangbildes.

Weiterlesen →

Bunte Berliner Livestream-Lese: Staatskapelle, DSO, Neue Synagoge

23 Montag Nov 2020

Posted by Schlatz in András Schiff, Daniel Barenboim, DSO, Robin Ticciati, RSB

≈ 17 Kommentare

Schlagwörter

Berliner Philharmoniker, Staatskapelle Berlin

Schlimmer als ein Lockdown im Dezember wäre nur ein Lockdown, der gar nicht mehr aufhört. Bye-bye Lohengrin-Premiere mit Yoncheva, adiós Wiederaufnahme Tannhäuser mit Groissböck und Schager, пока́! Jeketerina-Sementschuk-Liederabend im Boulezsaal.

Anders als im Frühjahr höre ich nun auch in Livestreams rein. Das geht dann so: Stream aufnehmen und spät abends als mp3 anhören. Rein optisch sind die Corona-Streams kein Genuss. Sicherheitsabstände und leere Säle, wohin das Livestream-Auge guckt.

Sonntag, 15. 11., 20 Uhr, Staatsoper. Die Staatskapelle Berlin spielt Beethoven, 4. Klavierkonzert, 3. Sinfonie. Von der Eroica spare ich mir das meiste. Ich habe sie im Januar und September schon gehört. Bei Opus 58 dirigiert Barenboim, András Schiff sitzt am Flügel. Schiff eröffnet die Berliner Livestream-Lese mit Hang zum Genießerisch-Spielerischen. Farbenreich funkelt der Anschlag, leuchtend setzt sich das Piano in Szene, ohne jede Härte der Diskant. Verspielt auch Temporückungen und Figurationen, Nobles und Lyrisches stehen direkt nebeneinander. Das funktioniert souverän, verführerisch beiläufig, locker, ohne dass auf den gebotenen Beethovn-Ernst verzichtet werden muss. Keine Phrase, die nicht gestaltet, spezifisch „angefasst“ wäre. Ist halt schon erstaunlich, wie hoch das technische Niveau im Kreis der Pianisten-Spitzenklasse ist.

Der RSB-Livestream mit Manacorda und Brahms – ich glaube aus dem Rundfunkhaus an der Masurenallee – war von Youtube schon wieder runter, als ich ihn mir endlich anhören wollte. Dann also weiter mit dem DSO.

Samstag, 21. 11., 20 Uhr, Philharmonie. Wo Ticciati ein Programm mit Schlag zusammenstellt. Rachmaninow Toteninsel, Wagner Götterdämmerung – ihr Völker, hört die sinistren Signale. Aber tönen tut es dann ganz anders. Die Götterdämmerung-Auszüge klingen wunderschön dunstfrei, klangkontur-bewusst, perfekt abgemischt. Los geht’s mit dem Schicksalmotiv der Posaunen bei Tagesgrauen im Vorspiel, und was dann kommt, ist für extra-feine Ohren bestimmt. Die Solisten haben zwingende Auftritte. Eine Prise böhmische Wälder und Felder weht hinein. Der Ticciati-Stil: ein Tutti ohne jede Düsternis.

DSO mit Götterdämmerung: Ticciati beim Schicksalmotiv / Foto: DSO-Livestream

Hier klingt Wagner einmal nicht als gewalttätiger Rhetor und düsterer Metaphysiker. Da tönt Noblesse, die Wagner eben auch auszeichnet. Das Orchester spielt auch die Toteninsel tadellos. Das Stück ist eigentlich ein Hort spätromantisch sublimierter Schwermut. Das DSO taucht es in linienleichte Eleganz. Ticciati outet sich eben doch als Meister der millimetergenauen Ton-Mischungen, der superexakten Entwicklungsbögen – und eines Klangs aus Farbe und Licht. Stichwort Licht. Zwischen Toteninsel und Wanger passt noch die bildungsbürgerliche Flimmer-Studie Ionisches Licht von Klaus Lang. Ganz nett kommt das Lichtkonzept im Weinberg-Saal der Philharmonie daher. Brauch ich zwar nicht zwingend, hat aber was.

Weiterlesen →

Neue Musik bei Philharmonikern und Staatskapelle

13 Dienstag Okt 2020

Posted by Schlatz in Claudia Stein, Galina Ustwolskaja, Luca Francesconi, Luciano Berio, Sofia Gubaidulina

≈ 9 Kommentare

Schlagwörter

Berliner Philharmoniker, Staatskapelle Berlin

Still und heimlich polieren die hauptstädtischen Philharmoniker ihre Saison-Philosophie auf. Das ist relativ neu im Saison-Kalender der Berliner: Im Februar präsentiert eine „Biennale“ die golden genannten 1920er Jahre (mit Weill- und Hindemith-Schwerpunkt), aktuell bespielt ein „Wochenende Neue Musik“ hochkarätig den Kammermusiksaal. Dazu schicken die Berliner Philharmoniker zwei ihrer wendigen Kammerformationen ins Rennen, am Samstag das Scharoun Ensemble, am Sonntag KlangArt Berlin (21 Uhr). Zuvor (17 Uhr) spielt das altehrwürdig verjüngte Arditti Quartet. Komponistinnen von Betsy Jolas bis Sofia Gubaidulina kommen in drei Konzerten philharmonisch-bewährt hochkompetent zu Wort.

Ich besuche das Spätkonzert von KlangArt Berlin, dessen Trio-Besetzung (M. Heinze Bass, J. Schlichte Schlagzeug, H. Gneitling Klavier) je nach Stück-Erfordernis durch Mitglieder der Philharmoniker erweitert wird. Bis zum Oktett reicht die Ensemblegröße, das zeigt nicht nur die Flexibilität der Neuen Musik, sondern auch deren Zugriffsoptionen auf Hörerfahrung und Klanggewohnheit.

Der Abend dauert gut 60 Minuten, zumindest im Kammer-Bereich scheint dies das Format der Stunde. Von Sofia Gubaidulina (geb. 1931) erklingt Die Pilger (2014). Die Pilger sind Alterswerk wie alles, was Gubaidulina seit der Jahrtausendwende komponiert, und von frappierender Klarheit und Klangsinnlichkeit (kadenzartiger Ausraster des Vibraphons). Zwischen ironischem Theaterdonner (Pauke, Klavier) und Abstiegen, die endlos in die Tiefe führenden Treppen ähneln, spannen sich die Deutungsoptionen. Hut ab!

Dann als Uraufführung und Auftragswerk Ofrendas, komponiert von der Mexikanerin Hilda Paredes. 20 Minuten Musik, deren Zurückhaltung hintergründig und deren Musizierdrang etwas wahllos scheint. Doch dem Pizzicato-Tänzchen von Kontrabass und Konsorten lausche ich dann doch gerne.

Weiterlesen →

Alle Neune: die Staatskapelle Berlin mit Beethoven und Barenboim

05 Samstag Sept 2020

Posted by Schlatz in Daniel Barenboim, Ludwig van Beethoven

≈ 16 Kommentare

Schlagwörter

Staatskapelle Berlin

Sehen so Oper und Konzert für die nächsten Monate aus? Die Zuhörer sparsam verteilt und meist zu Pärchen gruppiert, dazwischen ziemlich verloren einzelne Musikhörer. Das Parkett schütter wie eine Partitur von Anton Webern. Einlass durch die Seitentür, als ginge es zu einem konspirativen Treffen. Keine Pause, adiós Pausen-Espresso. Man kann von Glück reden, dass die Garderobe besetzt ist. Aber dafür schafft vermutlich kein einziges Virus den Sprung auf den neuen Wirt, und sei es noch so Beethoven-begeistert und noch so eifrig bemüht, mit seinen Saugrüsselchen (Sie wissen schon, diese Spike Proteine S) an eine Zielzelle anzudocken.

Der Beethovenzyklus mit der Staatskapelle? Im Großen Saal der Staatsoper wird er viermal als Doppelpack serviert, chronologisch gruppiert, als Abschluss dann am Sonntag die Open-Air-Neunte auf dem Bebelplatz. Ich höre in drei Konzerten die Sinfonien 3 bis 8, wobei das jeweilige Werkpaar am Abend selbst gegenläufig chronologisch angeordnet erklingt: also erst die 4. dann die 3., erst die 6., dann die 5., entsprechend die 8. vor der 7. Das Gelingen ist in den Sinfonien 7 und 8 am höchsten, so sehr werden sie als leidenschaftlich und differenziert redende, mit hoher symphonischer Spannung erfüllte, unmittelbar neu berührende Meisterwerke dargeboten.

Im Lauf der drei Abende gelingt nicht jeder Satz auf höchstem Niveau. Luft nach oben gibt es in der moll-gewaltigen Fünften. Die 3. beginnt fahrig, die 6. beginnt zu gleichförmig, dem Finale der 4. verweigert Barenboim etwas an Komplexität. Dennoch bliebt die Beethoven-Ernte reich. Die langsamen Sätze dehnen sich in ihren unablässigen Themenverwandlungen zu überreicher Länge (leichte Einschränkung: das zu wenig transparente Allegretto der Siebten).

Die Scherzi (bzw. das Tempo di Menuetto der 8.) sind an allen Abenden Höhepunkte, so selbstverständlich austariert zwischen Vorwärtsdrängen und Unveränderlichkeit des Materials präsentiert die Staatskapelle Berlin sie, auch so klanglich üppig entfaltet wie im schon schumann’sch abgetönten Trio der 8., dem vielleicht schönsten Trio, das Beethoven für Orchester geschrieben hat. Auffällig: Gerade die vermeintlich unscheinbaren Sätze geschehen eindringlich, etwa der strikt themen-dualistisch organisierte 2. Satz der Fünften mit seinen Steigerungen und Entladungen, der 3., wieder in der Fünften, mit dem gorillahaft wild ausgreifenden Trio, das Allegretto der 8. als unerklärlich vieldeutiger Komponier-Coup des fast schon späten Beethoven.

Mittwoch: Sinfonien Nr. 4 und 3

Fesselnd schon der erste Abend. Straff und nuancenreich die Sinfonie Nr. 4, Schumanns griechisch schlanke Maid, von Paul Bekker 1922 als schwärmerisch heitere B-Dur-Phantasie tituliert, wie gesagt mit leichten Abstrichen im Schlusssatz. Die Eroica beginnt fahrig, Themen, Gedanken, Motive ertönen als markige Statements, werden weniger als Einheit gedacht. Wie weitermachen bei Beethoven? Die Durchführung findet zu prima weiträumiger Spannung, die lange Rückkehr zur Reprise in der Vierten, die nicht enden wollende Durchführung der Dritten werden da mit einem Mal unmittelbar erlebbar, toll die in all ihrer Formstrenge frank und frei lodernde Coda der Eroica.

Wer wie Hanssen im Tagesspiegel historisch informierte Durchhörbarkeit einfordert, plädiert nörgelnd dafür, dass die Staatskapelle besser nach Academy of St Martin in the Fields klänge als nach Staatskapelle. Man kann das schon so vertreten, aber ob das viel Sinn ergibt, steht in den Sternen. Der spezifische Klang, das warmtönige Timbre, aus dem sich die Holzbläser und Hörner differenziert tönend herausschälen, zählen vermutlich eher zu den Qualitätsmerkmalen der Staatskapelle.

Zu eindringlicher Anschaulichkeit – und zwar mit den einfachsten Mitteln der Welt: mit Konzentration, Genauigkeit, Hingabe -, findet das hintergründige Adagio des B-Dur-Werks. Dessen Ende, die 1/32 der Streicher über den langgezogenen Horn- und Holzbläserfiguren (aus dem Nachsatz des 2. Themas) löst die symphonische Spannung des Satzes geheimnisvoll, ohne sie ganz aufzuheben. Kommt man hier etwa dem, was musikalische Zeit bedeutet, nahe?

Eher als Einleitung, als Vorbereitung klingt der Beginn des Trauermarschs, jene zweimalige Abfolge von Thema und Gegenthema und anschließendem (drittem) Maggiore-Thema. Doch da ist ja noch jene Umschalt-Stelle vor dem Fugato mit ihrem Höhepunkt im ff mit nachfolgendem Erlöschen, dem neuerlichen Wechsel ins Moll und dem fahlen Neu-Ansetzen. Das ist symphonische Musik, packend präsentiert, packend umgesetzt. Das gilt auch für das folgende Fugato. Und dann die Überraschung. Der reprisenartige Einsatz des Themas gerät wieder etwas zügig, und plötzlich passt das Tempo genau. Da wird man Zeuge davon, wie das Orchester über das Fugato hinweg zurückgreift, zurück bis zum Satzbeginn, und doch ist jedem Hörer klar, dass nichts ist wie vorher.

Wie enden bei Beethovn? Das einzigartige Prometheus-Finale der Eroica, ein einziger, großer Satz-Salat von überbordendem melodischem Reichtum, glückt gerade, weil die Musiker den Sinn und das Ohr für die Momente des Innehaltens vor dem Presto-Sturm der Coda haben.

Tempo? Was für’n Tempo?

Tempomäßig spielt die Staatskapelle den Beethovenzyklus ein, zwei Nuancen langsamer als heutzutage üblich. Das Gesangliche wird breiter. Blech- und Holzbläser können ihre Farbe entfalten. Der emotionale Ertrag wird reicher, das Finale der 7. verständlicher. Das intensive, einleitende Adagio der 4. – jede Note behauptet ihr eigenes Gewicht – erinnert an Barenboims überraschend langsamen Fidelio aus dem Schillertheater. Das Finale der Sinfonie Nr. 4 ist tatsächlich einmal ein Allegro non troppo, kein verkapptes Presto, andererseits auch nicht ganz das gemütliche Allegretto, welches Richard Strauss empfiehlt. Die Tempodehnungen in der gesamten 5. machen fast schmunzeln, doch sie gehören dazu, werden ja auch meist – oft nachträglich – von der Architektur gerechtfertigt. In der Achten wiederum beginnt das Allegretto scherzando Metronom-haft zügig beschleunigt.

Donnerstag: Sinfonie Nr. 6 und 5

Schwer tue ich mir mit dem gewiss heiklen, fast Moll-freien ersten Satz der 6. Sinfonie, der allzu unprofiliert dahinfließt. Ganz anders der zweite Satz, die Szene am Bach, dessen Länge Barenboim mit nie versiegender Wärme des Melos und selbstverständlichem Nuancenreichtum füllt. Erstaunlich, dass der krasseste Realismus, die berühmten Vogelrufe und das Gewitter, zugleich besonders intensive Momente von Beethovens Kunst sind. Von souveräner Kaltblütigkeit die Trompeten im Gewitter, ruhig erfüllt und meisterhaft ausgebreitet wird das Allegretto-Finale der Sechsten musiziert, und zwar mit untrüglichem Gefühl für Architektur im Großen und fürs Detail im Kleinen.

Kopf- und Finalsatz der Fünften gehen komplett in die Hose. Ich denke, Barenboims Pathos steht sich selbst im Weg. Der Klang bleibt pauschal, irgendwie farblos, kaum differenziert, sozusagen Takt für Takt einen auf dicke Hose gemacht. Im Finale schwimmt der Oberbau auf dem Unterbau. Manches scheint unverhohlen furtwänglerisch: so die deutlich getrennten Achtel des Schicksalsmotivs in den ersten Takten. Anderes nicht, Barenboim erreicht nicht das ekstatische Tempo für die Coda des Finales. Aus anderen Beethoven-Welten dann das reich bewegte 3/8-Andante der Fünften. Es straft diejenigen Lügen, die es für unbedeutend halten. Thomas Guggeis liest in der Loge Partitur mit.

Freitag: Sinfonien Nr. 8 und 7

Aber die 7. und die 8. Die Staatskapelle gibt den ganzen Beethoven, natürlich barenboimisch schattiert, und das Ergebnis ist unverwechselbar: Die beiden Werke klingen Dur-prall, voller Steigerungen und loderndem Feuer. Dirigent und Orchester legen sie großzügig, im Inneren und Äußeren pulsierend, in den Saal. Beide „sitzen“ perfekt, glänzen von ungebändigter Energie, fesseln in beinah jedem Moment, zuerst die Nr. 8 mit ihrer F-Dur-Verhaltenheit und den strahlenden F-Trompeten, dann die Nr. 7 mit ihrem A-Dur-Flug. Barenboim hält hier überzeugend das Gleichgewicht zwischen symphonischer Form und subjektivem Inhalt. So frei und doch sich dem Ganzen einordnend hört man die Pauke in einer der berühmtesten Final-Codas selten.

Im Allgemeinen wird die Exposition nur bei den kürzeren Kopfsätzen wiederholt, also bei den Sinfonien Nr. 5. und 8. Ich habe gebetet, dass die Exposition im Finale der 5. wiederholt würde. Aber ich wurde nicht erhört.

Kritik Mehta Staatskapelle Berlin: Martha Argerich

22 Samstag Feb 2020

Posted by Schlatz in Martha Argerich, Zubin Mehta

≈ 3 Kommentare

Schlagwörter

Staatskapelle Berlin

Es ist erstaunlich, wie weit an diesem Abend in der Staatsoper die Erinnerungen zurückreichen. Als die heute 78-jährige Martha Argerich ihre erste Platte aufnimmt, 1960, hatte für Horowitz der zweite Teil seiner öffentlichen Karriere noch gar nicht begonnen, Weiterlesen →

Gedenkkonzert 75 Jahre Befreiung Auschwitz

28 Dienstag Jan 2020

Posted by Schlatz in Daniel Barenboim, Thomas Quasthoff

≈ 2 Kommentare

Schlagwörter

Staatskapelle Berlin

Einige Notizen zum gestrigen Konzert.

Dass die Grußworte von Mateusz Morawiecki und Angela Merkel in die jeweils andere Sprache übersetzt werden, ist wichtig, dass dies bei der Rede von Herrn Morawiecki durch eine Österreicherin mit mittelmäßiger Aussprache und etlichen eingestreuten „Äh“s geschieht, dürfte eher nicht im Sinne des Erfinders von Gedenkkonzerten sein. Habe ich richtig verstanden und gesehen, so nimmt im Großen Saal der Staatsoper die Auschwitz-Überlebende Anita Lasker-Wallfisch bei Merkel Platz.

Weiterlesen →

Staatskapelle: Pinchas Zukerman mit Elgar

15 Mittwoch Jan 2020

Posted by Schlatz in Lahav Shani

≈ 9 Kommentare

Schlagwörter

Staatskapelle Berlin

Über 70 ist der Geiger Pinchas Zukerman.

Wenn Zukerman Unter den Linden das Violinkonzert des Briten Edward Elgar spielt, dann ist der Unterschied zur jüngeren Geigengeneration schon mit dem Einsetzen des so elgarisch weitläufigen, freundlich gelösten Themas in der Solostimme mit Händen und Ohren greifbar. Zukermans Klang ist voll. Dunkel singend, insistierend und elegisch zugleich der Ton. Gelassen tönt das Portamento. Zukerman klingt plötzlich wie von einem anderen Stern. Weit weg ist da die mathematische Klarheit der Damen Hahn und Fischer, das gewollt Rabiate bei Kopatschinskaja oder das Auktoriale bei Zimmermann.  Weiterlesen →

Staatskapelle mit Lahav Shani Rachmaninow, Elgar, Strauss

15 Dienstag Okt 2019

Posted by Schlatz in Daniel Barenboim, Lahav Shani, Richard Strauss, Sergej Rachmaninow, Till Eulenspiegel

≈ 8 Kommentare

Schlagwörter

Staatskapelle Berlin

Bekanntes und Unbekanntes spielt die Staatskapelle Berlin im ersten Abonnementkonzert.

Zuletzt hab ich das 3. Klavierkonzert (1909) von Rachmaninow zwei Mal mit Trifonow gehört. Lahav Shani spielt

Weiterlesen →

Staatskapelle Berlin Thomas Guggeis: Sibelius, Mahler

26 Dienstag Mär 2019

Posted by Schlatz in Okka von der Damerau, Thomas Guggeis

≈ 2 Kommentare

Schlagwörter

Staatskapelle Berlin

Über Teil eins der Programmänderung empfinde ich Genugtuung. Thomas Guggeis für Paavo Järvi, Sibelius für Schostakowitsch, das gefällt mir. Weiterlesen →

Staatskapelle Barenboim, Argerich: Prokofjew, Schubert, Widmann

26 Dienstag Feb 2019

Posted by Schlatz in Daniel Barenboim, Martha Argerich

≈ 2 Kommentare

Schlagwörter

Staatskapelle Berlin

Graue Mähne (einer Königin der Tastenlöwen absolut würdig), cooler Buchstaben-Rock, Charme ohne Ende – da ist sie, Martha Argerich, die zuletzt mit frühen Beethovenkonzerten in Berlin zu hören war, so dass man dachte, sie traue sich nicht mehr an die ganz schwierigen Sachen. Nun spielt sie in der Staatsoper Unter den Linden Prokofjews 3. Klavierkonzert. Weiterlesen →

Staatskapelle: Brahms Sinfonie 3 & 4

23 Mittwoch Jan 2019

Posted by Schlatz in Daniel Barenboim, Johannes Brahms

≈ 2 Kommentare

Schlagwörter

Staatskapelle Berlin

Die Staatskapelle Berlin unter Daniel Barenboim spielt Brahms, die Sinfonien Nr. 3, F-Dur, und die Nr. 4, e-Moll. Die Staatsoper ist rappelvoll, aber es ist mucksmäuschenstill.

Weiterlesen →

Barenboim: Brahms Sinfonie 1 + 2

11 Dienstag Dez 2018

Posted by Schlatz in Daniel Barenboim, Johannes Brahms

≈ 6 Kommentare

Schlagwörter

Staatskapelle Berlin

Die Staatskapelle Berlin mit Brahmssinfonien. Im Dezember spielt man das Schwesternpaar 1 und 2, im Januar folgen die 3. und 4. Sinfonie.

Sinfonische Rundum-Sorglos-Pakete gehören immer noch zu den nobelsten selbstgestellten Herausforderungen der Orchester.

Weiterlesen →

Staatskapelle mit Nikos Skalkottas und Kian Soltani

09 Dienstag Okt 2018

Posted by Schlatz in Daniel Barenboim, Kian Soltani

≈ 3 Kommentare

Schlagwörter

Staatskapelle Berlin

Die Staatskapelle spielt ihr erstes Abonemmentkonzert der Saison. Auf dem Programm stehen Werke von Beethoven, Dvořák, Ravel und dem Schönbergschüler Skalkottas.

Die Heimkehr des Odysseus (1942, UA 1969) von Nikos Skalkottas ist eine Entdeckung. Die Klarheit dieser Musik ist bestechend. Weiterlesen →

Staatskapelle: Debussy vokal mit Crebassa & Prohaska

02 Mittwoch Mai 2018

Posted by Schlatz in Anna Prohaska, Daniel Barenboim, Marianne Crebassa

≈ 6 Kommentare

Schlagwörter

Staatskapelle Berlin

Die Staatskapelle Berlin greift nach Debussy und spannt den Bogen vom Jugendwerk bis zum dezenten Meisterwerk der späten Jahre. Als erstaunlich entpuppen sich besonders die nicht allzu bekannten Trois Ballades de François Villon, die Marianne Crebassa verblüffend perfekt singt.

Die Französin – 2015 schon ein aufregender Cherubino an der Staatsoper – präsentiert die drei Orchesterlieder mit unerschütterlicher Spontaneität. Ihr Ton ist reich, ihre Stimme sitzt perfekt, klingt üppig und wahnsinnig entspannt. Ich höre ein fein gezeichnetes Vibrato und einen Klangkern aus tausend Nuancen kühlen Kupfers, um den sich feinster Samt legt. Marianne Crebassa singt einen erstaunlichen Debussy. Auch die drei Balladen will man gerne öfters hören. Weiterlesen →

Barenboim, Staatskapelle, Szymanowski, Tschaikowsky, Rossini

18 Mittwoch Apr 2018

Posted by Schlatz in Daniel Barenboim, Karol Szymanowski, Lisa Batiashvili, Peter Tschaikowsky, Violinkonzert

≈ 2 Kommentare

Schlagwörter

Staatskapelle Berlin

Die Staatskapelle Berlin spielt in der Staatsoper ein Programm abseits ausgetretener Repertoirepfade. Das Programm ist hochinteressant, ohne sich gleich spektakulärer Verschrobenheit zu verschreiben. Stattdessen öffnet es kluge Seitenpfade, liebäugelt mit Rarem bewährter Großmeister (Rossini, Tschaikowsky) und wagt sich auf halbwegs unerprobtes Konzertterrain (Szymanowski).

Weiterlesen →
← Ältere Beiträge

Kommentar

Wolfgang Eck bei Oktett doppelt mit Mendelssohn…
Albrecht Selge bei Oktett doppelt mit Mendelssohn…
Schlatz bei Premiere Deutsche Oper: Arabel…
Schlatz bei Premiere Deutsche Oper: Arabel…

Top-Kritiken

Die besten Orchester der Welt - oder doch nicht?
Oktett doppelt mit Mendelssohn und Enescu: Miecznikowski, Żyniewicz, Shibayama u.a.
Premiere Deutsche Oper: Arabella Tobias Kratzer
Staatsoper Berlin: noch mal die lustige Sharon-Zauberflöte
Meine Tweets

Bloggen auf WordPress.com.

  • Abonnieren Abonniert
    • Opern- & Konzertkritik Berlin
    • Schließe dich 132 Followern an
    • Du hast bereits ein WordPress.com-Konto? Melde dich jetzt an.
    • Opern- & Konzertkritik Berlin
    • Anpassen
    • Abonnieren Abonniert
    • Registrieren
    • Anmelden
    • Melde diesen Inhalt
    • Website im Reader anzeigen
    • Abonnements verwalten
    • Diese Leiste einklappen
 

Lade Kommentare …