Die mutlose Tosca von Alvis Hermanis, deren blasse Aquarellveduten nur von Sängerdarstellern wie Michael Volle aus dem ästhetisierenden Dornröschenschlaf geweckt werden können, funktioniert immer noch bestens als geschmeidige Star-Durchreiche. Da wird sich manch einer nach der wackeren Riha-Produktion, die 38 lange Jahre an den Linden zu sehen war, zurücksehnen. Die diesjährige Wiederaufnahme des Sardou-Schockers, der am 14. Januar 1900 melodiensatt das neue Jahrhundert einläutete, lockt immerhin mit Saioa Hernández in der Titelpartie, mit Premierembesetzung Sartori und Bösewicht Ambrogio Maestri.
Im Graben leitet Julien Salemkour. Bei seinem Dirigat kann man die Klangschönheit loben oder das zähe Ohrensessel-Tempo rügen. Wenn da nicht Drama und Biss fehlen. Die Klanghexenkünste Puccinis deutet Salemkour einseitig impressionistisch und voyeuristisch. Es ist keinen Deut leichter, eine gute Tosca zu dirigieren wie einen guten Tristan. Dafür gibt es am frühen Freitagabend (Beginn 18 Uhr) luxuriösen Streicherklang und donnernde Aktschlüsse. Die ersten beiden Vorstellungen leitete offenbar Orozco-Estrada.
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