Dialektisches Tosca-Pech Unter den Linden: Joseph Calleja ist nicht bei Stimme. Der Tenor markiert die Höhen nur, und wenn er im Duett des dritten Akts das Unisono Trionfal, di nova speme voll aussingt, so staubt es im Großen Saal wie Rostbruch. Mitte und Tiefe füllen dennoch mühelos den Saal. Die Stimme hat sogar mehr Charme und Seele. Vor zweieinhalb Wochen sang sich Calleja unsensibel muskulös, ja lustlos durch Puccinis römische Künstlertragödie. Heute wird in der Not der Indisposition gefühlvoll phrasiert, der tenorale Messingglanz zu reifer Bronze abgeblendet.

Repušić markiert am Pult köstlichen Streicherklang. Das Dirigat ist sehr gut. Die Staatskapelle gestaltet Drama ohne Showeffekte und (in den Genreszenen, Mesner im 1., Hirte im 3. Akt) blühendes Detail ohne Fin-de-siècle-Nepp. Freilich überzeugt der wie ein gefallener Engel lächelnde Ambrogio Maestri im Porträt des ersten Polizisten Roms: aufregend Maestris Eleganz des Bösen, fast noch packender die kalkulierte Gemütlichkeit des Verhörstrategen.
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