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Über Teil eins der Programmänderung empfinde ich Genugtuung. Thomas Guggeis für Paavo Järvi, Sibelius für Schostakowitsch, das gefällt mir.

Sibelius heißt heute Sinfonie Nr. 2.

Insgesamt ist das wenig mitteilungsfreudige Musik.

Aber wenn sich aus knappen Motiven die schwankende Welt des ersten Satzes erhebt, sind Guggeis und das Orchester zur Stelle. Hinzu treten melancholische Bläser und grüblerisches Blech. Der zweite Satz kehrt am Ende zurück zum verstockten Gesang der Holzbläser. Davor ergeben sich herb gestaute Höhepunkte als dunkle Gravitationszentren. So faszinierend naturgläubig klingt der Finne.

Von Thomas Guggeis war ich schon von anlässlich der Salome vom März 2018  eingenommen. Auch heute fasziniert das eindringlich bewegte Orchester, zollt man unwillkürlich der richtigen Mischung aus Fordern und Fördern Respekt, gefällt ein schlankes, klar gestaffeltes Klangbild. Das ist einmal ein superb kontrollierter, hellhörig geleiteter Sibelius! Die Streicher stellen Linien von großer Klarheit her. Das Blech sitzt. Da passt vieles. Hopp, Finnland!

Ich halte Guggeis auch nach zweitem Hören für eine eminente Begabung.

Jean Sibelius war für mich lange ein unerheblicher Komponist – bis zu jenen eiskalten Februartagen 2010, da Simon Rattle sich anschickte, einen blitzblanken Sibeliuszyklus aufs Podium der Philharmonie zu legen.

Damit zu Teil zwei der Programmänderung. Waltraud Meier sagt ab. Okka von der Damerau, gerade in München durch die Zwölfton-Prüfung von Kreneks Karl V. gegangen und ohne nennenswerte Vorbereitung angereist, singt und füllt mit ihrer Stimme Mahlers Kindertotenlieder. Sie singt mit schön intensiviertem Ton die traurigen Zeilen Rückerts und gibt vokalem Strömen den Vorrang vor detaildeutender Textexegese. Die Staatskapelle unter Guggeis spielt trennscharf. Waltraud Meiers Absage sorgt für gelichtete Reihen.

Beim Schwan von Tuonela langweile ich mich immer ein bisschen.

Zwar ist es bedauerlich, dass Dudamel und Harding derzeit nicht zusammen mit der Staatskapelle Berlin zu hören sind. Doch auf den für die nächste Saison angekündigten mehrmaligen Einsatz von Thomas Guggeis im Graben der Lindenoper freue ich mich.

Staatskapelle Berlin Thomas Guggeis