Beat Furrers zeitgenössische Oper Violetter Schnee hat starke Seiten. Der Text gehört nicht dazu. Denn die Handlung – fünf Menschen bibbern sich in einem Wintersturm von der Außenwelt abgeschnitten ihrem Untergang entgegen – kultiviert vor allem eines: Vagheit. Statt Konflikte, Zoff und Zoten sieht der Zuschauer ein bald zweistündiges Katastrophenbetroffenheitsstück (Uraufführungspremiere: 2019).
Dabei ist Furrers beherzter Griff zum Eis- und Kältethema gar nicht so kühn, schon in der ersten Hälfte der Zehnerjahre komponierte Miroslav Srnka für München die Amundsen-Oper Southpole, manche inszenatorisch runtergekühlte Produktion, besonders gerne bei Janáček, folgte. Dauerfrost und Frieren auf den Bühnenbrettern, das ist en vogue, fast so, wie es Polarkreuzfahrten sind.

Die Malaise an der Staatsoper ist aber, dass sich die Personen, Jan und Peter, Natascha und Silvia (Anna Prohaska silbenklar im Hänge-Unterkleid) sowie Jacques, nicht aus den Fängen des blutleeren Librettos (Händl Klaus) zu lösen vermögen, und das (das Libretto) klingt bisweilen wie dilettantische Huchel-Nachfolge der 70er. Die Regie von Claus Guth mag visuell dominieren, doch das Bühnenbild ist nicht nur für Freunde von M. C. Escher ein Traum, und die in Schluppenschuh und Pelzzottel in Superzeitlupe durch den Bühnenraum schwebenden Renaissancezeit-Jäger Brueghels scheinen plötzlich realer (!) als das Furrer-Händl’sche Bühnenpersonal.
Der Moment, in dem man sich genau dessen bewusst wird, lohnt das Kommen.
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