Das ist ein enttäuschender Start der Biennale der Berliner Philharmoniker, die den 1950ern und -60ern gewidmet sind.

Warum?

Im Eröffnungskonzert entstammen gerade einmal zwei Stücke von acht bzw. zehn Minuten Länge den zwei von Aufbruch geprägten Nachkriegsjahrzehnten. Chefdirigent Petrenko ist erneut am Fuß verletzt, und Einspringer Daniel Harding verlagert den Akzent überraschenderweise auf das Thema – Meer. Neu im Programm finden sich also Sibelius‘ hübsche Okeaniden, die sich als würdige Schwestern von Wagners Rheintöchtern erweisen, und die unergiebigen Sea Interludes von Britten, die immer nach schlechtem Puccini klingen (Bohème, Butterfly), als hätte man Puccini ins nasse East Suffolk verschleppt.

Berliner Philharmoniker La Mer Daniel Harding

Zwispältig auch La Mer, diese glasklare und umwerfend pittoreske Sammlung dreier französischer Tondichtungen. Debussy nannte sie „Skizzen“ (ésquisses symphoniques). Kann das Spuren von Impressionismus enthalten? Nicht bei Harding. Debussys Wellenspiele sprudeln schlank hervor. Klanghart leuchten die Orchestergruppen aus. Harding dirigiert meisterhaft. Gut gewesen wäre mehr Salzwasser im Klang.

Unter so viel Wassermusiken wirken Ligetis Biennale-Beiträge Lontano und Atmosphères wie Landeier. Das spätere Lontano (1967) wirkt sogar aufregender als das berühmtere Atmosphères (von 1961). Allerdings hat man das Ligeti-Pärchen identisch unter Roth am Musikfest vor 4 Jahren gehört, und zwar kombiniert mit Debussy, dem laut Stuckenschmidt „großen Sezessionisten der nachwagnerischen Musik“. Und Harding war vor eineinhalb Jahren just mit La Mer in Berlin. auch beim Musikfest, mit dem Concertgebouworkest.

Der Start in die Philharmoniker-Biennale: uninspiriert, leidenschaftlos, unnötig.


Weitere Philharmoniker-Kritik: „Echttraumerlebnis“ (Hundert11), „Planschen in der Badewanne“ (Andreas Göbel), „Plastisch, ja hysterisch“ (Udo Tadelt)