Am Mittwoch noch schnell in Samson et Dalila mit Elīna Garanča und Guggeis.
Langsam werde ich warm mit der Jesuslatschen-Oper von Camille Saint-Saëns.
Elīna Garanča lässt als Dalila die kühle Flamme ihres Timbres züngeln. Es sind ja mit betäubendem Luxus strömende Linien, die Saint-Saëns da für einen Mezzosopran komponiert. Garančas Mezzo hat dafür eine wunderbar anstrengungslose Tiefe und eine geräumige Mitte. Die wenigen Zierfiguren (im wilden Duett mit dem Oberpriester im 2. Akt) absolviert Garanča famos. Ich finde, dass sie in Akt I behutsam beginnt. Und dass sie bei der Premiere müheloser, klangvoller sang, das Legato schöner war. Mein zweiter Eindruck: Guggeis ist einen Ticken zu schnell für sie. Den berühmten Gesang der (vorgetäuschten) Liebe Mon cœur s’ouvre a ta voix (Akt 2, eigentlich ein Duett) absolviert die Lettin wie man es markenzeichenhaft von ihr kennt: meisterhaft beherrscht, emotional kühl.

Die Partie des Samson verlangt vom Tenor Anstrengungen ohne Zahl, ohne dafür eine einzige Soloarie zu erhalten. Er hat im ersten Akt endlos Rezitative voller Aplomp zu singen. Ein zweifelnder Krieger wie Radamès (Aida), ist Samson einerseits heroisch angelegt wie Otello (Verdi), hat aber auch eindrucksvoll Lyrisches zu bewältigen. Brian Jagde singt das mit Energie und Lyrismus und nicht zuletzt vokalen Reserven. Und einnehmender als Jovanovich und Schager, weil Jagde die Halbstimme besser einsetzt, er dennoch das Metall auch in der Mittellage hat und sein Stimmklang besser zur Rolle des jüdischen, mit Wunderkraft gesegneten Kämpfers passt. In den Duetten weiß ich nicht, wer schöner singt, Jagde oder Garanča.
Samson et Dalila hatte Schwierigkeiten, sich in Frankreich durchzusetzen. Man versteht schon nach den ersten zwei Nummern warum. Der Zuhörer hört viel Chor, auch an dramaturgisch unergiebigen Stellen. Ihren statischen Tableau-Charakter legen die Akte eigentlich nie ab. Obendrein ist das Liebesduett kein Liebesduett, sondern kalkulierte Verführung aus Verschwörung und Verrat. Und höllisch gottesfürchtiger Kerl ist trotz aller Riesenkräfte eher unsexy.
Saint-Saëns komponierte hier eine Musik der prickelnden Farben und eleganten Linien. Saint-Saëns‘ Doppelpass aus disegno und colore zieht sich durch die ganze Oper: hier wunderbar klare Gesangslinien und Chorfugen, dort der holzbläsergespickte Orientalismus von Bacchanale und Dalila-Grotte.

Der das Verderben Israels verfolgende Oberpriester des George Gagnidze kommt nicht so kolossal heraus wie bei Michael Volle, aber genauso herrisch, dabei hilft Gagnidze sein kompakter, intensiver, heller Bariton. Als umgehend von Samson gemurkster Abimélech wirft Grigory Shkarupa seine schwarze Basskraft in die Waagschale. Gut auch der schlohweiße Hebräer von Paul Gay. Die Philister singen Magnus Dietrich und Friedrich Hamel, den Boten verkörpert Michael Kim.
Dazu überrascht die Inszenierung von Damián Szifron noch immer mit ihrem strikten Historismus. Man will so was nicht ständig sehen, aber Spaß macht das, gerade wegen so viel Pappmaché (Bühne: Étienne Pluss). Szifron deutet nicht, oder wenn, dann nur subtil. Stattdessen zeigt der Regisseur, was die Handlung vorgibt. Problematisch? Nicht die Opern-Bohne. Zumal die Lichtregie (Olaf Freese) insbesondere das Schlussbild genüsslich gut ausleuchtet.
Thomas Guggeis? Exzellent. Übersicht, Formklarheit, Sinn für Dramaturgie, dazu Klangsinnlichkeit kennzeichnen sein Dirigat. Keine Durchhänger, keine auch nur vorübergehende Detailunlust. Der Mann ist ein Glücksfall für die Staatsoper.
Der Staatsopernchor, dem Enormes abgefordert wird, singt gut, aber nicht sehr gut. Für so was bräuchte man einfach zwei Tage Extraprobe.
Hab Brian Jagde in dieser Rolle im letzten Herbst in Neapel gesehen, ich fand ihn ausgezeichnet.
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Phillies mit Ligeti , Martinu, Zimmermann, Pintscher war definitiv kein Konzert für die Ewigkeit. Schlatz nicht da? Was aber geil ist: Vineta Sareika-Völkner zur neuen 1. Konzertmeisterin gewählt
https://www.berliner-philharmoniker.de/news/detail/neue-1-konzertmeisterin-vineta-sareika-voelkner-gewinnt-probespiel/
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Das schadet denen ganz bestimmt nicht, so kühl und kontrolliert, oft zu emotionslos, wie sie halt mal sind.
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Waren die 10 Minuten der Oper, auf die es überhaupt nur ankommt, nun besser oder schlechter, oder einfach nur anders als bei Barenboim ? Oder hat Garanca einfach bestens das gemacht, was sie am besten kann : schön singen ?
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