Dinge gibts, die gibts nicht. Thielemann ersetzt Blomstedt beim Konzert der Staatskapelle. Thielemanns kurzsichtige und tölpelhafte Ablösung bei der Dresdner Staatskapelle ist bekannt. Bekannt war auch, dass eine Beziehung zwischen Berliner Staatskapelle und Thielemann nicht existierte. Das ist von heute an anders.
Das Konzert ist sehr gut. Das Programm umfasst Bruckners Sinfonie Nr. 7 und Tristanvorspiel und Liebestod.
Ich höre den Staatskapellenklang mit seinen warmen, dunklen Streichern. Aber da sind Thielemann-Nuancen: üppiges, aber auch frei bewegliches Blech, mit Präsenz, aber auch Akkuratesse singende Holzbläser, ein machtvoll geballtes, aber auch vollmundig strahlendes Tutti. Anstelle von Barenboims strömendem Espressivo tritt bei Christian Thielemann die feinfühlige Finesse einer aufs Äußerste kultivierten Phrasierung.

Der Kritiker des Standard aus Wien schrieb jüngst anlässlich des Bruckner-Gastspiels der Dresdner Staatskapelle: „Die blockhafte Bauweise… wurde abgeschliffen, abgerundet zugunsten eines organischen Flusses.“ So in etwa ist es auch heute.
Unbemerkt kommt die Reprise zwischen all den „falschen“ Reprisen. Beim 22-taktigen Bandwurmthema des Adagio gefährden die markanten Einzelgesten nicht den großen Bogen. Die Ausklangphase des zweiten Themas lässt Thielemann streng ausmusizieren. Temporückungen sind indirekte Ausdrucksmittel und solche der Gliederung. Das passt wunderbar.
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