Anne-Sophie Mutter spielt das Beethovenkonzert. Der Anfang war etwas ernüchternd, schien sorglos-oberflächlich, achtlos vorwärtsdrängend, es gab Ahnungen von Unsauberkeiten, Tempo-Ungleichmäßigkeiten.

Doch zu Beginn der Durchführung entsteht in mir die Empfänglichkeit für eine Mutter’sche Linie, eine selbstherrliche Eigenwilligkeit, die entzückt, eine leuchtende Schärfe des Tons, die allein ihr gehört. Ich bin hin und her gerissen zwischen Be- und Verwunderung. Mutters Ton füllt inzwischen ja eine riesige Spannweite und wechselt je nach Einsatzort zwischen vibratolos und röhrend, Flüsterzischel-Piano und brünstigem Pavarotti-Ton. Bissig und harsch klingt die Kadenz des Allegros, makellos und in hemmungslosem Tempo spielt sie das Rondofinale. Charakteristisch das absichtliche Abschleifen, Hinnuscheln von Umspielungen oder Tonwechseln – Beispiel 2. Thema 1. Satz.

Sehr eindrucksvoll die zugleich stählerne und luftige Piano-Vibratos in höchster Lage, die Anne-Sophie Mutter mit der Hingabe einer Hornisse, die zum tödlichen Stich ansetzt, spielt.

Applaus nach dem 1. Satz. Schöne Hornstelle im Adagio beim Einsetzen der Solistin.

ASM trägt ein nettes Kleid im Western-oder Carmenstil. Sollte Anne-Sophie Mutter einmal nicht schulterlos zum eigenen Konzert erscheinen, gebe ich eine Runde Freibier an meine Leser aus.

Rafael Frühbeck de Burgos sitzt (meist). In puncto Hagerkeit, Alter und einer gewissen souveränen Heiterkeit ähnelt er Abbado. Es machte Spaß, dem alten Haudegen beim Arbeiten zuzusehen.

Die Dresdner Philharmoniker kombinieren Beethoven mit Beethoven, was eine nicht ungewöhnliche Idee ist, aber einen gewissen Reiz besitzt. Bei der Fünften setzen die Dresdner Philharmoniker vierfaches Holz und 8 Kontrabässe ein. Ordentliche Leistung. Frühbeck de Burgos lässt die vier Beethoven-Sätze quasi ohne Pause direkt hintereinander spielen.