Barenboim, er zieht den rechten Fuß nach. Beim Schlussapplaus benötigt er den Griff ans Geländer. Er hat Schmerzen. Ich wünsche Besserung. Barenboim krank? Götterdämmerung und Ring wird er doch wohl dirigieren können?

Das B-Dur-Konzert scheint das schönste der 27. Barenboims Spiel zeichnet sich durch Klang (einfaches Wort, aber kaum einmal realisiert), der alle Farben enthält, und rhythmischen Instinkt, der untrüglich ist, aus. Der Mozart der Staatskapelle, diese Mischung aus sprachnaher Wärme (so etwa wie wenn Fritzi Haberlandt im Maxim-Gorki-Theater sich in unvergleichlicher Manier beschwert: „Ey, Mann!“) und klarer

Empfindung, ist mir der liebste. Eine unkritische Bemerkung, ich weiß. Bemerkenswert ist Barenboims geheimnisvoll gedämpfte Brillanz im Finale. Unendlich sinnvolle Ritardandi. Man hört schwerfällige Massivität in den vollgriffigen Passagen des Finales. Klarheit gewinnt der Mozart von Daniel Barenboim durch die überzeugende taktweise Gliederung in Haupt-, Neben- und alle anderen Akzente. Barenboim spielt mehr Vorschläge als in der Partitur stehen, wenn ich hier nicht falsch liege. Ziemlich genau 35 Minuten. Eine sorgsame Interpretation, gelungener als Pollini und Abbado letzten Mai.

Zugabe: ein subtiles Es-Dur-Impromptu.

Im Schatten ein Philharmoniker. Ein anderer stürmt heraus, als ich ins Foyer hineinstürme.

Der Strauss beginnt kraftvoll gezimmert (ein wohlwollender Ausdruck) oder schwerfällig zusammengeschustert (ein weniger wohlwollender Ausdruck), je nachdem ob man sanft alkoholisiert aus der Pause kam oder nicht. Leichte, schöne Solo-Violine, gefiel mir besser als Braunstein oder Kashimoto bei den Philharmonikern. Teile aus „Des Helden Walstatt“ zählen nach Meinung des Autoren zu den haarsträubendsten Erzeugnissen der deutschen Musikgeschichte, zusammen mit Stellen aus Siegfried (ich werde immer nervös, wenn „Trinken wollt ich, nun treff ich auf Fraß“ naht). Je länger, das Heldenleben wurde, desto besser wurde es. Satte Phrasierungs-Gelungenheit, golden lastende Blechbläser- und Streicherschwere, das hat die Staatskapelle so intus wie Barenboim den Tristan. Der Solohornist mit leichtem Hornton, frischer als der unvergleichlich honigschwerer spielende Dohr der Philharmoniker. Mein Gott, konnte der Strauss komponieren.

Streicher bei Mozart: 10, 8, 6, 4, 3. Streicher bei Strauss in mathematisch klarer Abstufung: 16, 14, 12, 10, 8. Zweite Geigen rechts, Celli Mitte links.