Sonya Yoncheva singt im Großen Saal der Staatsoper Puccini, Martucci, Tosti, Verdi. Zuerst Lieder.

Für Tostis zauberisches L’ideale hat die Bulgarin den Ton der Sehnsucht und das Flehen intimen Vibratos. Giuseppe Martuccis Al folto bosco holt vergangenes Glück in gesungene Gegenwart zurück, und es überrascht überhaupt nicht, wenn die Sopranistin Martuccis schwelgerische Erinnerungsbeschwörung mit einer Prise Opernhaftigkeit garniert. So sinnig kann Programmdramaturgie sein: Tostis stanza solitaria („einsames Zimmer“) aus L’ideale taucht in Verdis In solitaria stanza von 1838, einer von sanftester Glut erfüllten Klage von kantablem Schwung, wieder auf. L’ultimo bacio, wieder von Tosti, wird in weichen Klangzauber gehüllt. Da stimmt Sonya Yoncheva ihr Instrument ganz auf amoroso-Wohllaut ein.

Dem Canzonen-Teil folgt der Arienteil, dem weniger Berühmten das Zurecht-Populäre. Den Wechsel des Kleids nach der Pause kommentiert anerkennendes Geraune des Publikums.
Aus La Bohème Donde lieta uscì (das unendlich rührende torna sola Mimì hör ich stets zusammen mit Tristans Ich war, wo ich von je gewesen, wohin auf je ich geh‘ im weiten Reich der Weltennacht), aus Tosca Vissi d’arte (als Gebet einer Sängerin immer auch ein Spiel mit Selbstidentitäten, von Yoncheva gesungen als drängender Strom sehnsüchtiger Herzensschreie, heute kommen die leisen besser als die lauten Stellen), aus Butterfly Un bel dì (die 42-Jährige kongenial in der Glücksvision einer 15-Jährigen), alles vorgetragen mit sinnlicher Energie und souveräner Stimme, wobei die Intimität des Liederabends, will sagen der Verzicht aufs Riesenorchester, dem interessierten Ohr erlaubt: nämlich zu hören, wie auch die Großen der Größten kämpfen müssen, damit Spitzentöne, Piani und Linie sitzen.

Dem Arienteil folgt der Zugabenteil. L’amour aus Carmen, O mio babbino aus Gianni Schicchi (zärtlich abgedunkelt wie ein Kneipenklassiker), Adieu notre petit table (aus Manon, gutturales Französisch, und die Yoncheva als femme mehr fatale als fragile).
Es macht Spaß, solch umfassende Liedbegleiter wie Martineau zu hören. Erstaunlich wie impressionistisch Martineau Puccinis Tosca-Orchester interpretierte. Leise rauschend der Klangteppich von L’ideale.
Verdi-Lieder gibt’s nicht so viele, hab‘ bisher kein einziges gekannt. Vielen Dank.
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Tja, wegen Aufenthalts im Rheinland verpasse ich morgen Kataja mit Finnischem und Vaughan.
https://www.staatsoper-berlin.de/de/veranstaltungen/liedrecital-arttu-kataja.12144/#event-68645
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Aufenthalt im Rheinland ist immer gut, aber warum weisen Sie mich nicht auf solche Programme hin ?
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