Mit einem hauptsächlich Josef Strauß, dem mittleren der drei Strauß-Brüder, gewidmetem Neujahrskonzert läuten die Wiener Philharmoniker das Jahr 2023 ein. Diesjährig dirigiert das 1.-Jänner-Konzert der in Oberösterreich geborene Franz Welser-Möst, der schon 2011 und 2013 die diversen Polka- und Walzerseligkeiten der Strauß, Lanner und Hellmesberger mit feinem Gusto zu Gehör brachte, beim Konzertwalzer nie ins Schunkeln kam, bei der Schnell-Polka nie übertrieb.

So viel ausgesuchte Novitäten hat man beim Neujahrskonzert (Kritik, was sagst du dazu?) freilich noch nie gehört.

Wie und was hat der Josef Strauß komponiert?

Der Walzer Heldengedichte besitzt die Ausdehnung einer Tondichtung und schlägt ernste (Robert-Schumann-)Töne an, wobei der zweite Teil das titelgebende „Heldische“ als eine Art Wiener Gefühlsfestlichkeit interpretiert – Komponieranlass war die Enthüllung des Denkmals des Napoleon-Besiegers Erzherzog Carl. Kürzer gibt sich die Zigeunerbaron-Quadrille (1886) von Johann Strauß Sohn, die die österreichsiche Moderatorin ein „sehr schwungvolles und mitreißendes Werk“ nennt.

Dann von Carl Michael Ziehrer In lauschiger Nacht, ein beschwingter Walzer, und die Schnell-Polka Frisch heran!, abermals von Johann Strauß Sohn.

Nach der Pause setzt man im Großen Saal des Musikvereins die bunte Novitäten-Auslese fort. Nicht immer erweist sich der melodische Charme als erstklassig. Die Isabella-Ouvertüre von Suppè versprüht Ouvertüren-Mittelmaß. Konventionell auch Walzer-Glanz und Polka-Glitzer der folgenden Kompositionen.

Doch wenn der Komponist Josef Strauß auch Inspiration und Brio hörbar zügelt, so streichen und blasen die Wiener Philharmoniker stets mit Noblesse.

Zuerst der introvertierte Walzer Perlen der Liebe, es folgt die blässliche Angelica-Polka. Polka-Schwung offeriert allerdings Auf und davon (Schnell-Polka op. 73) von Bruder Eduard. Einigermaßen grässlich tönt Josef Strauß‘ fröhliche Polka Heiterer Muth von 1870, gesungen von Wiener Mädls und Buben auf einen hinreichend dubiosen Text. Auch For ever von 1866 ist routiniert komponierte Schnellpolkakost. Dafür klingt die Orchesterfantasie Allegro fantastique von 1862 geheimnisvoll, und der Aquarellen-Walzer zeichnet sich durch wunderbar leichtfüßiges Sentiment aus.

Den Zugabenreigen des Neujahrskonzerts eröffnet der fixe Banditengalopp von Johann Strauß Sohn. Dann herrscht jene stattliche Wiener D-Dur-Gemütlichkeit, die den Donauwalzer auszeichnt.

Und zu guter Letzt der alpenländische Krawall vom Radetzky-Marsch aus dem Revolutionsjahr 1848.


Weitere Neujahrskonzert-Kritik: „Swarovski-Gefunkel“ (Wolfram Goertz), „Wie elegant“ (BR-Kritik, Walter Weidringer)