Ein russischer Abend beim DSO. Tugan Sokhiev kehrt erstmals nach seinem Abschied als Chefdirigent zum Orchester zurück.

Nikolai Rimski-Korsakows selten zu hörende Russische Ostern (1888) ist halb Konzertouvertüre, halb Sinfonische Dichtung. Durchweg aufgebaut auf den aus gegensätzlichen Sphären stammenden Themen, bewährt sich das Stück in seiner farbigen Instrumentation, der deskriptiven, meist bunt flatternden Thematik und dem lebhaften Kolorit.

Das Kommen lohnt besonders wegen der Uraufführung des Konzerts für Violine, Violoncello und Orchester der russischen Komponistin Jelena Firssowa. Es kann zur erweiterten Nachfolge des späten Schostakowitsch gezählt werden, dank Firssowas Vorliebe für ein von gefährdeter Subjektivität umhegtes Melos, dank auch einer aufs Wesentliche gerichteten Klarheit und Knappheit der Faktur, die im ersten Satz (Largo)von rhythmischer Ballung durchsetzt wird. Das Konzert ist gut 25-minütig und zweisätzig. Vadim Gluzman (Geige) und Johannes Moser (Cello) spielen. Bravos und Hervorrufe. Sokhiev leitet sachkundig. Man möchte dem Doppelkonzert wieder begegnen.

Der in autobiographischen Untergrund hinabreichenden vierten Sinfonie von Tschaikowsky gewinnt das Deutsche Symphonie-Orchester heuer durch kleinräumige Akzentsetzung eine herbe Deutung ab. Das ist Zeichen einer straffen Temponahme einerseits, Folge andererseits eines Misstrauens gegenüber dem vermeintlich freien Fluss der Melodie. Stattdessen lenkt Sokhiev das Augenmerk auf die dichte Konstruktion. Die sinnfälligen Accelerandi (bzw. Stringendo-Partien) tun dennoch ihren Effekt. Aber der Reichtum der thematischen Gestalten, auch im zart differenzierten Andantino, kommt schön zur Geltung, bei auffallend geschlossenem Agieren der Stimmgruppen des Orchesters. Es ist das Vorrecht vermeintlich bekannter Meisterwerke, vermittels neuer Interpretation sich aufs Neue zu legitimieren.