Die Götterdämmerung in der Inszenierung von Valentin Schwarz.
Ich höre BR Klassik.
Leider schafft es die Inszenierung nicht, auf Vergewaltigung respektive andere Gräuel zu verzichten. Dafür zeigt Schwarz immerhin überflüssige Videos.
Geheimes Zentrum einer Götterdämmerung ist doch immer Hagen. Er plant die Intrige gegen Siegfried, setzt sie ins Werk, vollendet sie. Er – im Verein mit Alberich – ist der Gegenspieler des göttlichen Paars Siegfried-Brünnhilde. Groß ist die Stimme von Mika Kares, aber nicht metallisch, nicht schwarzfinster. In der Gibichungenhalle ist Kares ein Hagen von selbstbewusster Ruhe, im Alberichdialog hat er den finsteren Stolz des Außenseiters. Im dritten Akt, wohl auch schon bei den Spitzentönen der Mannenrufe, wirkt er müde. Ein beeindruckendes Porträt.

Weniger vielschichtig der Alberich von Ólafur Sigurdarson. Ein energischer, selbstbewusster Gunther hingegen ist Michael Kupfer-Radecky, im ersten Akt mit einem Schuss Selbstgefälligkeit. Doch selten war ein Guntherporträt weniger Karikatur einer Adelskanaille. Im Blutsbrüderschaftduett ist er vernehmbarer als Vogt, im Racheterzett der beste. Die Schwester Gutrune, effektvoll in giftgrüne Stoffbahnen gehüllt und ansonsten gerne nur musikdramatisches Füllfutter, wird von Gabriela Scherer präsent gesungen, mit leichter Schärfe, durchaus mit Metall im Sopran. Gefällt mir gut.
Brünnhilde. Der Wandel von der aufregendsten Jungfrau der Opernhistorie zur Hassrache-spritzenden Frau, der sich in der Götterdämmerung vollzieht, ist und bleibt eine Enttäuschung, die das Libretto des vierten Ring-Teils für den Wagnerianer bereithält. Catherine Foster singt ohne allzu viel dramatisches Gespür. Der Sopran – wohl kenn‘ ich seine Schärfe – klingt außer bei den Spitzen körperlos und spitz. Bei Welch banger Träume Mären – und anderswo – kann man das von Foster gepflegte East-Midlands-Deutsch bewundern. Sehr schwach in der Verschwörungsszene des Racheterzetts, wo auch Kares nicht durch Intensität glänzt. Sie bewährt sich dank ihrer Kraftreserven im glanzlos gesungenen Finale. Hervorragend Christa Mayer als Walküre Waltraute.

Am Pult malt die Australierin und ehemalige Hamburger Opernchefin Simone Young die Rheinfahrt behaglich aus, dirigiert auch sonst mit szenischer Evidenz. Ihr Dirigat setzt eher auf Glanzpunkte, als dass sie das Geschehen in weiträumigen Bögen um die dramatischen Akzente ordnete. Sofern man das am Radio sagen kann. Die Kritik? Es kann zu bunt klingen. Der Trauermarsch? Mehr Klangschwall als Totenmal. Doch wird wie aus einem Guss dirigiert. Der Abend scheint mir hinsichtlich des Dirigats der gelungenste Part der Tetralogie. Kleines Detail: Die Trompeten aus der 2. Strophe von Helle Wehr hüpfen mal nicht wie junge Hühner, sondern sind in den Orchesterorganismus integriert. Toll der Groß-Glück-Chor, den der Festspielchor klangprall gibt. Jammerschade, dass Wagner von Rheingold bis Siegfried auf den Chor verzichtet.
Der Germanenheros und Wälsungenspross Siegfried, den Klaus Florian Vogt singt, ist einer der leichteren Bauart. Im ersten Akt fehlen doch Statur, hörte man gern mehr Unbekümmertheit und Überschuss. Aber im Speereid überzeugt er mit Entschlossenheit, bei Achtest du so der eig’nen Ehre und Gunther, wehr‘ deinem Weibe mit heller Empörung. Nebenbei genießt man die Wonnen absoluter Wortverständlichkeit. Bedeutet der Verzicht auf jede Klangschwere im Sterbemonolog (Brünnhilde, heilige Braut) Mangel oder spezifisches Detail der Interpretation?
Klasse die Nornen, deren Bericht aus mythischen Vorzeiten die Siegfriedtragödie erst einleitet. Es gibt den besonnenen Alt von Noa Beinart, die alles richtig macht (So gut und schlimm es geh‘), es gibt den Mezzosopran von Alexandra Ionis, eindringlich und energisch bei Treu berath’ner Verträge Runen, es gibt Dorothea Herbert, bei der die Burg scharf leuchtend ragt. Die Rheintöchter: Marie Henriette Reinhold (Flosshilde), Natalia Skrycka (Wellgunde), Katharina Konradi (Woglinde).
Fazit: eine ordentlich Bayreuther Götterdämmerung
Weitere Kritik: „Implodiert im zweiten Akt“ (A. Goldhammer)
Elbenita Kajtazi singt demnächst in Hamburg die Alice im Falstaff. Das ist bestimmt kein Problem, denn auf die kommt es sowieso nicht an.
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da helfen alle müden Götterväter nichts
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Sie scheinen das doch alles gut zu kennen. Können Sie mir vielleicht erklären, warum ich an welcher Stelle zweimal eingeschlafen bin ? Es war irgendwas mit Hagen, und Gunther war vielleicht auch noch dabei. Was palavern die alle ?
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Frage mich gerade, wie man auf Bayern 3 eine Vergewaltigungsszene sehen kann.
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Heute Abend Lohengrin mit Beczala und Thielemann, der das doch wohl auch mal Unter den Linden dirigieren wird. https://www.br-klassik.de/index.html
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