Kurz vor Saisonende hebt sich noch einmal der Vorhang für Roméo et Juliette. Gounods 1867 uraufgeführte Shakespeare-Adaptation feierte im Herbst Premiere, in der alles in allem brauchbaren Inszenierung von Mariame Clément.

Heute, gekoppelt mit einer Neuauflage von „Staatsoper für alle“ auf dem bewährt noblen Bebelplatz, verkörpert Juan Diego Flórez den Knall auf Fall sich verliebenden Roméo. Der peruanische Tenor gehört zu jenen Sängern, die es eigentlich nicht gibt: Deren Stimme – sofern Fach-konform eingesetzt – keine Schwächen kennt. Einzig die letzten paar Zeilen der Sterbeszene werden etwas vermümmelt.
Ansonsten beauté pure, wo man hinhört: Die Stimme ist schlank wie ein Wiesengras, das Timbre – lyrisch strahlend und doch leicht verschattet – ist wie geschaffen für Romantik-Vibes, Legato und Linie sind hyperexquisit, das Piano verströmt Schönklang, das hohe C wird mühelos angesteuert, und zu allem Überfluss erweist sich die Artikulation in jedem Moment als unangestrengt und ausdrucksvoll. Die Rollengestaltung wirkt durchdacht und spontan, Flórez sieht blendend aus, die Statur ist mindestens so schlank wie die Stimme.
Die schöne Sopranstimme von Nino Machaidze ist üppig, aber für Gounod recht groß. Die Emotion, die sie vermittelt, ist stark, aber über den ganzen Abend gehört etwas einförmig. In den Duetten agiert sie lauter und weniger subtil als Flórez. Das Vibrato ist OK, aber die Spitzentöne sind angestrengt.
Die Inszenierung von Clément ist weitgehend selbsterklärend, für den Zuschauer ist es immer besser, wenn die Geschichte schon bekannt ist. Offenbar wurde aber die kurze Szene anfangs des 5. Akts weggelassen, die erklärt, warum Roméo nichts von dem philtre, dem Schlafmittel für Juliette, weiß („Eh bien! ma lettre à Roméo?“).
Zu den Comprimarii.
Als Capulet-Anführer Tybalt zeigt Johan Krogius viel virile, vor allem aber vokale Präsenz – bis zu seinem Ableben im 3. Akt. Kurz zuvor entledigt sich Corinna Scheurle des zauberhaften Hosenrollen-Chansons Que fais-tu, blanche tourterelle mit wortpräziser Bravour. Marina Prudenskaja macht aus der Anstandsdame Gertrude im Ensemble Personne! personne! (2. Akt) eine triftige und giftige Charakterrolle. Vom Mercutio des Jaka Mihelač kommt eine gute Mab-Ballade, Nicolas Testé hat für den Frère Laurent beides, priesterliche Autorität und väterliche Wärme. Hörenswert auch der Tenor-volle Benvolio des Andrés Moreno García. Als Pâris ist David Oštrek, als Vater Capulet Arttu Kataja zu hören, als dunkel gediegener Grégorio Taehan Kim, als aufgebrachter, weil um den Frieden Veronas besorgter Herzog der Bass Manuel Winckhler.
Lash an der DO war gar nicht so übel :))
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Muurray Perahia war auf seiner Beerdigung.
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Wenn ich’s mir genau überlege, hat Glenn Gould zum Teil einen desaströsen Einfluß auf die Goldberg-Variationen gehabt. Mal ganz abgesehen davon, daß er das Stück aus der Versenkung holte, aber seine Tempi sind nachzuweisend verrückt und sie werden heute als normal genommen und nachgeahmt.
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Alfred Brendel hat die Goldberg-Variationen nie öffentlich oder auf Platte gespielt, denn er war der Meinung, daß Bach lieber auf das Cembalo gehöre, denn dafür hat er geschrieben.
Aber mein Punkt ist : Glenn Gould hat Bach verdorben, weil er vieles viel zu schnell oder dann wieder zu langsam spielte. Kein Cembalist würde das tun. Oder könnte es gar nicht.
Variation 4 ist im 3/8-Takt geschrieben :
Und es folgt Variation 5, im 3/4-Takt. Wenn man annimmt, daß das Tempo ungefähr gleich bleiben sollte, also halb so schnell. Aber Gould spielt es mehr als doppelt so schnell :
und das macht es unmöglich, für alle andren als Starpianisten, das Stück angemessen zu spielen
Und alle andren Starpianisten machen’s ihm nach :
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Alfred Brendel hat die Goldberg-Variationen nie öffentlich oder auf Platte gespielt, denn er war der Meinung, daß Bach eher auf das Cembalo gehöre, denn dafür hat er geschrieben.
Aber mein Punkt ist : Glenn Gould hat Bach verdorben, weil er vieles viel zu schnell oder dann wieder zu langsam spielte. Kein Cembalist würde das tun. Oder könnte es gar nicht.
Variation 4 ist im 3/8-Takt geschrieben :
So ähnlich würde es wohl jeder halbwegs normale Mensch spielen,
Und es folgt Variation 5, im 3/4-Takt. Wenn man annimmt, daß das Tempo ungefähr gleich bleiben sollte, also halb so schnell. Aber Gould spielt es mehr als doppelt so schnell :
Das ist verrückt. Kein normaler Mensch kann das so schaffen.
Aber alle andren Starpianisten machen’s ihm nach, die Cembalisten allerdings nicht. Weils so verrückt auf dem Instrument gar nicht geht.
Ich kann die Goldberg-Variationen nur gut, wenn ich dazu singen kann.
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Und hier steckt eine Parodie oder Variation auf die ersten 16 Takte der Goldberg-Variationen drin, nämlich im letzten Teil, ab „und Lieb‘ und Ruhe trinken“
das merkt‘ ich erst, als ich’s spielte und denke : das kenn ich doch ?
Mendelssohn jedenfalls kannte seinen Bach. Aber hier ist’s nur die Baßlinie.
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Klauwell bemängelte schon 1910 „völlige Formlosigkeit“ und „endlose Wiederkehr der Motive“
Ja das was funktioniert, ist halt ewig gleich. Ohne Form kann man versuchen daraus auszubrechen und stellt meistens fest : so geht’s nicht !
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Schade, schade, der Liederabend Kammerloher/Chaminade fiel aus
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Vorgestern traf ich den Chef der Deutschen Oper in meinem Fitnessstudio. Er kam da an die Theke, sagte, er wolle ein Probetraining machen und buchstabierte seinen Namen : mit eu. Ich saß da auf dem Sofa und dachte : jetzt oder nie. Ich stand also auf, ging an ihm vorbei und sang : La donna e mobile. Keine Reaktion. Qual piuma al vento. Der schaut mich kalt oder entgeistert an.
Dann stand er nackert in der Umkleide. Wollte ihn da nicht weiter belästigen. Aber wenn ich ihn nochmal da treffe, werde ich ihn fragen , ob er nicht Elbenita Kajtazi als Mimi engagieren kann. Vielleicht haben sie’s ja längst getan.
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Opera is still a business.
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Das wie Goldberg für Tenor. Wenn man das kann, kann man auch abtreten.
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Wenn es nur einen Tenor von heute gibt, der auch noch in hundert Jahren in den Sängerlexika stehen wird, dann ist es dieser hier.
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Er studierte an der Julliard School in New York, und es hieß, wenn er in seiner Klasse anfing zu singen, machten die Mädels sich in die Hosen.
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Hab ihn nur einmal live gesehn in New York, ich glaub es war l’Italiana oder so, aber das reichte
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Ich sag ja, ich verpass alles. Hat er das auch unter geschlossnem Dach gegeben?
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