Ganz so oft hört man das Italienische Liederbuch nicht. Und wenn, dann macht es, so wie heute im Apollosaal der Staatsoper Berlin, wo Evelin Novak und Roman Trekel Hugo Wolfs Liedersammlung nach Gedichten von Paul Heyse singen, riesig Spaß.
Weil hier scharfer Esprit, himmelhohe Verliebtheit, irre Lobgesänge, unvergleichliche Streitlust und zu Tode betrübte Eifersucht in 46 Liedern, wie sie’s wenige gibt, zusammenkommen. Alle sind kurz, viele sind witzig, alle sind Meisterwerke.
Aber es gibt auch beinah ernste Gesänge, stark im Ausdruck. Sie gelingen, wie das verhaltene Sterb‘ ich, so hüllt in Blumen, Roman Trekel besonders. Die Stimme ist fest, der Vortrag hat dramatisches Gewicht. Meisterhaft Phrasierung und Tragfähigkeit der Halbstimme. Die Qualität der Interpretation ist fabelhaft. Trekel bewegt kaum einen Finger während des Vortrags. Einsam thront die hochkonzentrierte Miene über dem hochgestellten Kragen. Von Evelin Novak kommen Schönheit der Stimme, subtiles Spiel der Andeutungen. In Was soll der Zorn beeindruckt die Fülle des Klangs. Beide verzichten wohltuend auf Manierismen. Bei Trekel sind Ausdruck und Wortprägung prägnanter, Novaks Vortrag ist beseelter.
Die Reihenfolge der Lieder scheint eigens für dies Recital gewählt. So folgt das zänkische Hoffärtig seid ihr direkt auf das schnippische Wer rief dich denn? – Zoff zwischen Verliebten pur. Getrennt sind dafür die beiden gern nacheinander gesungenen, Standesfragen thematisierenden Stücke Wohl kenn ich Euren Stand und Du sagst mir, dass ich keine Fürstin sei. Und gleich zu Beginn kommt Wir haben beide lange Zeit geschwiegen, als wäre diese Lovestory schon uralt und werde überhaupt noch sehr lange dauern.
Sonst aber bleibt der (angedeutete) erzählerische Bogen des Liederbuchs vom verliebten Beginn bis zum eindeutigen Liebes-Aus erhalten: Auch heute tönt anfangs eitel Liebesschwärmerei, am Ende stehen die Lieder von spektakulärer Eifersucht und Verwünschung und die hinreißende Prahlerei Ich hab in Penna einen Liebsten wohnen.

Oliver Pohl am Flügel überzeugt in den Nachspielen, besonders bei Wie lange schon war immer mein Verlangen, wo des Verehrers „zaghaftes und schwankendes, ungelenkes und langsames“ (Erik Werba) Geigenspiel parodiert wird und für Lacher im Apollosaal sorgt.
Die Gedichte Heyses, des im 20. Jahrhundert Vergessenen und – aufgrund vermeintlicher Seichtheit – Verrufenen, 1860 veröffentlicht, sind wohl besser als ihr Ruf.
Voller Saal, Zugabe aus Zauberflöte, 1a Liederabend.
Habe mir grade einen Film aus der ZLB besorgt : Falstaff von Orson Welles.. Und Miss Marple alias Margareth Rutherford spielt die Quickly!
LikeLike
Ich vergleiche mal die zwei Reclamliedführer, der erste ist die alte Ausgabe (meine ist von 1973, für 2 Euro im Antiquariat), der zweite die neue von 2008.
Das Kapitel „Hugo Wolf“ umfasst 1973 58 Seiten, 2008 15 Seiten. Der Text zum Italienischen Liederbuch umfasst 1973 4 Seiten, 2008 eine halbe. 2008 wird kein einziges (!) der 46 Lieder des Liederbuchs eigens erwähnt, geschweige denn erläutert.
Werner Oehlmanns Texte im alten Führer mögen hier und da nicht mehr zeitgemäß klingen. Der Verlust an Wissen, Genauigkeit und Passion, der im neuen, größtenteils neu verfassten Liedführer passiert, kommt jedoch einer abstrusen Selbstverstümmelung gleich.
Dass der Autor von 2008 in den paar Zeilen aber Platz für seinen Kommentar findet, die Lieder des Italienischen Buchs seien denen des spanischen „nicht ganz ebenbürtig“, setzt dem Ganzen die Krone auf.
Hallo, Verlag, sollte das etwa vorauseilende Niveauabsenkung im Glauben an eine wie immer geartete begrenzte Aufnahmefähigkeit des Publikums sein?
LikeLike
Falls Herr Kataja mal sämtliche Lieder von Sibelius vortragen sollte, ich bin immer dabei (wenn nicht gerade Thielemann zeitgleich mit der Staatskapelle Bruckner macht).
LikeLike
Kennst Du eine, kennst Du alle. Gilt das nicht für Rossini wie für Bruckner ? Meine Frau regt sich immer darüber auf.
LikeLike
Man mag den Liederabend vom Montag mit Trekels Aufnahme der Mörikelieder (auch Wolf) von 2004 vergleichen, auch damals mit Pohl. Kesting schreibt 2010 über die Stimme: „ein lyrischer Bariton mit großer Resonanz, einem metallischen Klangkern, leuchtend in der Höhe und superb kontrolliert“. Im Vergleich kam mir Trekels Interpretation im Apollosaal noch mal deutlich triftiger vor. Gibt ja auch nicht so viele, die das so singen können…
LikeLike
Harald Stamm konnte das noch- zusammen mit Kurt Moll….
im Duo
LikeLike
an der Kölner Oper
LikeLike