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Mittwoch, 20. 1. 2021, Konzerthaus. Ivan Fischer wird 70. Das Konzerthausorchester gratuliert mit der Aufführung von Fischers Komposition Eine deutsch-jiddische Kantate auf jiddische und deutsche Texte. Anna Prohaska singt bestechend klar und verhangen, so wie nur sie das kann. Peter Dörpinghaus trompetet mit akkuratestem Gefühl. Das Geburtstagskind dirigiert vorzüglich.

Dienstag, 26. 1. 2021, BKA-Theater. Unerhörte Musik sendet wieder, heute mit dem Ensemble lovemusic aus Winnie Huang (Geige), Lola Malique (Cello), Emiliano Gavito (Flöte), Adam Starkie (Klarinette). Man beginnt mit US-Minimalismus von Pauline Oliveros (Sonic Meditation 1 Teach Yourself to Fly, 1974, interessanter gruppentherapeutischer Einschlag), geht zu Carola Bauckholt und den locker delikaten Luftwurzeln von 1993 über und landet bei der Kolumbianerin Violeta Cruz, die in New Piece fast ein Konzert für Aufdrehfiguren schafft. Der Ton ist eigen, die Textur licht und angemessen surrealistisch (Uraufführung). Auch Cove von David Bird ist eine Uraufführung. Das Werk gibt sich einem unaufhörlichen Fließen hin, und was so entsteht, kann als intimes Palaver zwischen entspannten, hochkonzentrierten Musikern beschrieben werden. Schlussendlich von Sivan Cohen Elias das dicht komponierte Air Pressure (2010), ein Stück voller Kontrastspannungen und rabiater Virtuosität, in dem sich die Töne wie von selbst vermehren.

Freitag, 29. 1. 2021, Philharmonie. Die frisch getesteten Berliner Philharmoniker spielen Thorvaldsdóttir (Neues), Prokofjew (Konzert), Suk (Tondichtung) – in der Philharmonie konzertiert man wieder abendfüllend. Das neue Werk von Anna Thorvaldsdóttir heißt Catamorphosis. Es zielt auf vom Strom der Zeiten glattpolierte Klangräume, auf geheimnisvolle Unisono-Glissandi, also auf das große Ganze. Die handwerklich wie klanglich beeindruckende Komposition passt ins Zeitalter der digital perfektionierten Landschaftsaufnahmen und Arktiskreuzfahrten in 1.-Klasse-Kabine.
Prokofjews hübsches Klavierkonzert Nr. 1 klingt heuer heiter. Trifonow triumphiert. Eine flüssigere Technik gibt es nicht. Es klingt heiter, flüssig und unvorstellbar vollkommen. Bis weit ins Scherzo hinein wird fast akzentlos gespielt – Trifonow, der Profkofjew-Klassizist. Der Ton klingt – zumindest in digitale Bits verpackt und mit 16.000er Leitung – wie auf Diät, superschlank, aber Leidenschaft fehlt. Das Des-Dur-Thema turnt Daniil Trifonow hinauf, als hätte er Ballettschlappen an. Der Russe packt seine stählerne Kraft in Strickhandschuhe. Das Opus 10 von 1911 klingt aufgeräumt, nicht aufgezäumt. Keine Spur von brillantem Futurismus, von überschäumender Argerich-Kompliziertheit, von Richter-Wucht. Man höre Abbado und den umwerfenden Kissin. Und hat selbst Trifonow nicht schon mit Gergiew mehr klirrenden Bizeps, mehr Chuzpe gezeigt? Folgt also das Andante. Trifonow hängt über den Tasten wie eine entkörperlichte Lemure.

Es gibt traumhafte Passagen und umwerfende Klarheit. Stellenweise verstehen sich Trifonow und Kirill Petrenko blind. Süchtigmachend die Hornstelle zu Beginn des Andante. Aber im Andante ist viel Zucker. Ich höre das Konzert sieben Mal durch (aufgenommen für den mp3-Player) und bin keinen Schritt weiter. Wenn man beim ersten Mal keine Meinung hat, kommt sie beim zweiten Mal äußerst selten und beim siebten Mal sozusagen nie. Josef Suks Pohádka léta (Ein Sommermärchen) ist mir digital, am Kopfhörer und gestreamt zu lang. Ich höre mir das Märchen in der Concert Hall an, nachts irgendwann mal, wenn das Virus gerade dabei ist, den Löffel abzugeben. Bravo, dass Petrenko den Tschechen Suk spielt.
Weitere Kritik Trifonow/Petrenko: „durchleuchtete Duftigkeit“ (Clemens Goldberg)
Andante Favori
hab‘ ich nur ein einziges Mal gehört, bene von jenem Brendel,
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Es hat bloß 3 Sterne in der Edition Schott, also spuis‘ i doch mal selber ?
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dies hier ist nicht peinlich im vergleich, und gehört dazu :
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man merkt schon den Unterschied zwischen petrenko und chaplin
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Ermonela Jaho ist eine Lehrerin von Elbenita Kajtazi, die hier an der deitschen Oper angefangen hat.
Leider gibt es keine Aufnahme mit Elbenita als Stimme von Himmel im Don Carlos, wo selbst Rolando Villazon vor Überraschung beiseite trat.
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Sie erinnert an Catherine Malfitano, die mal ein Opernkenner aus New York als die beste Tosca, die er je gesehn habe, bezeichnete.
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Klingt auch als Butterfly gut. Als Tosca:
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Ich saß nur mit meiner Mutter in der Premiere von Sinopoli und Dvorsky,..
nun sagt sie, sie versteht mich nicht. Warum ?
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Warum ?
perche mi ne remuneri
cosi
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Wenn’s das gäbe, würd‘ ich Elbenita zeigen mit den Mendelssohn-Liedern instrumentiert von Reimann
sowas schönes hab ich wirklich lange nicht gesehn und der reimann schüttelte ihr am Ende die Hand
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Ich habe zum ersten Mal das Verdi-Requiem im Teatro della Fenice gehört, ca. 1985 mit Gabriela Benackova, Peter Dvorsky, Waltraud Meier und dem Allzweckbasso Kurt Rydl mit Giuseppe Sinopoli als Dirigenten. Es klingt von heute aus so wie die Rusalka oder die verkaufte Braut, nur mit ein wenig Verdi hinzu.
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Es muß irgendwas mit Preßburg sein, der Stadt in der meine Großmutter geboren wurde. Bratislava heißt die heite.
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Herrlich, die „entkörperlichte Lemure“!
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Trifonov fand ich echt großartig, eine Klasse für sich Petrenko auch. Kann mich nie entscheiden ob Trifonovs Lümmeln und Fläzen total uneitel ist oder doch ein stückweit Allüre ist
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Wie in der Kritik auf rbb wieder das Konzert von Prokofjew runtergemacht wird verpackt in ein paar Nettigkeiten — Blasiertheit gepaart mit Unkenntnis
„Allzu viel Tiefgang hat das alles nicht“
„Pianistisches Feuerwerk hat das auch, teilweise sogar sinnloses Gedonner.“
„Das muss man nicht spielen“
Au weija
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Ach ja. Ist halt so eine deutsche Marotte. In Eggebrechts Große Geiger stehen Sätze wie „Weil weder Elgar an seiner… MANCHMAL AUCH EIN WENIG geschwätzigen Musik zweifelte, noch der 15-jährige Menuhin…“ oder zu Saint-Säens 3. Geigenkonzert „Da mag heute manches Saloncharakter haben…“ Lustig, dass Eggebrecht, wenn er schon mal dabei ist, gleich auch noch Menuhin mit dem Lineal eins auf die Pfoten haut. Aber wie heißt es so schön, der werfe den ersten Stein, der…. Habe hier auch schon just das Elgarkonzert bespöttelt. Passiert mir heute vielleicht nicht mehr.
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Oh no….
https://www.tagesspiegel.de/kultur/programmreform-im-rbb-kulturradio-klassische-musik-braucht-keinen-wohlfuehlfaktor/26895144.html
Guter Artikel von Hanssen objektiv und doch mit klarer Meinung
So lange sie weiter DSO und RSB und manchmal Berliner übertragen
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Ja. Aber genau so gehts mir auch, ich nutze Kulturradio nur, wenn ein Berliner Konzert live übertragen wird. Alles andere geht komplett an mir vorbei, außer die Kritiken von Lührs-Kaiser und das ein oder andere von M. Ossowski. Man muss sich halt auch mal Gedanken machen, wie man YT und selbststreamenden Veranstaltungsorten (Boulezsaal macht es vor) in Zukunft etwas entgegensetzen will und das besser heute als morgen. Das Niveau, das in der Breite beim DLF da ist, hat man beim RBB schlichtweg nicht. Teilweise werden Kultursender in ihrer heutigen Form sicherlich verzichtbar werden, nicht weil man sie nicht bräuchte, sondern weil sie einfach nicht gut sind. Deswegen buttert der BR ja auch Millionen in seine Internetpräsenz und der HR schiebt YT vermutlich ein nettes Sümmchen rüber, um bei den Listings ganz vorne mit dabei zu sein.
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Entschuldigung. An mir geht gar nichts vorbei : außer :
Tutto nel mondo e burla
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Ähnlich gelagert
https://www.sueddeutsche.de/medien/ndr-freie-mitarbeiter-oeffentlich-rechtlicher-rundfunk-honorare-1.5204584
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Ich war der erste, der Kyril Petrenko und Diana Damrau an der Met sah.
Es gab 70 Sekunden Beifall, and the house came down.
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https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/gotisches-gesamtkunstwerk-st-lorenz-nuernberg-durch-einbauten-in-gefahr-17189488.html#lesermeinungen
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