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Heute via Digital Concert Hall.

Poulencs A-capella-Kantate Figure humaine singt der Rundfunkchor Berlin nach den Gedichten von Éluard.

Das Stück ist makellos, ebenso die Ausführung. Simon Rattle leitet stablos und adäquat. Nr. 2 und 6 sind von so durchsichtiger Schichtung, dass die Frauenstimmen einzeln hörbar bleiben.

Charles Koechlins heiter satirisches Les Bandar-log gehen die Berliner Philharmoniker professionell konzentriert an. Das Stück ist mehr als ein Scherzo-Jux, gerade weil es auf Kiplings Dschungelbuch verweist. Virtuose Buntheit heißt bei Koechlin auch Komplexität der Stimmen, satirische Pointierung auch solistische Präzision. Les Bandar-log ist übrigens ein kaum weniger starkes Argument für die mimetische Grundierung aller musikalischen Kunst als die Alpensinfonie. Simon Rattle dirigiert mit aller wünschenswerten Genauigkeit.

Die Petite Musique solennelle en hommage à Pierre Boulez 90 repräsentiert Kurtágs reife Gestaltungskunst. Düsterer Schichtklang der Hornsektion und das transparente Schlagzeug bestimmen das kurze Stück. Die Boulez-Hommage – Uraufführung August 2015 – ist eine deutsche Erstaufführung.

Vom Hauptwerk des Abends, Ravels neckischer Antiken-Symphonie Daphnis et Chloé, reicht mir persönlich immer die zweite Orchestersuite. Hat Ravel nicht interessantere Musik geschrieben? Doch klar, mais bien sûr, als Berliner Philharmoniker muss man Ravels Hypersensualismus aus Liebe zur eigenen Profession lieben. Traumverlorene Soli werden andächtig auszelebriert, Spannungs- und Entspannungsfelder fließen mit nobelpreisverdächtiger Geschmeidigkeit ineinander, und das alles ist auch noch bis aufs letzte i-Tüpfelchen von einer klangsüchtigen Delikatesse – eh bien, eines der Klavierkonzerte wäre mir lieber gewesen.

Noah Bendix-Balgley ist Konzertmeister, Andreas Buschatz neben ihm.

Fazit: drei wirklich coole Programm-Underdogs und ein Publikums-Hit.