Arte, Silversterkonzert.
Ach, Kreuzberg. Danke für die Polenböller.
Da ist er, Simon Rattle. Ein Bäuchlein zeichnet sich ab. Was sagt Magdalena dazu? Rattles Kittel hat auf Brusthöhe eine diskret platzierte Eingrifftasche. Ah, Jonathan Kelly Oboe. Wenzel Fuchs Klarinette. Andreas Blau Flöte. Aha, Kashimoto und Stabrawa Konzertmeister.
Dvořák. Slawischer Tanz. „Feuriger kann man ein Silvesterkonzert nicht beginnen“, meint die bezaubernde Moderatorin.
Lang Lang spielt Prokofjew, Klavierkonzert Nr. 3 – laut Arte „ein technisch sehr anspruchsvolles Stück“. Es beginnt mit einem durchtriebenen Solo von Wenzel Fuchs. Pianist und Dirigent scheinen sich darauf geeinigt zu haben, dass dem Stück am besten mit einer Mischung aus nveröser Härte und Halligalli beizukommen ist. Lang Lang gewinnt der motorischen Energie des Stücks eine kraftvoll komödiantische Note ab. Er siedelt ein Staccato sehr gewieft zwischen Verspieltheit und Versnobtheit an. Langs Läufe, die den ersten Satz zu einem wirkungsvollen Schluss führen, gebärden sich wie eine wild gewordene Luftschlange. Dem Variationensatz gewinnt Lang Lang auffällig konzentrierten Tiefsinn ab.
Die Philharmoniker begleiten mit unbestechlicher Virtuosität.
Ich höre Tarkövis helle Trompete. Janne Saksalas (Kontrabass) Frisur wird von so viel Tempo durcheinander gebracht. Bei dem Tempo, das in der Finalcoda schlussendlich erreicht wird, müssen selbst gestandene Geiger grinsen.
Das Publikum ist laut Moderatorin „restlos mitgerissen“, ein sympathischer Neologismus, gebildet in der Eile einer Live-Übertragung aus dem uns allen bekannten „restlos begeistert“ und der diesjährigen Zeitungsmeldung „Westerwelle mitgerissen von Wagners Musik“.
Es folgt Hindemiths Symphonischer Tanz Nr. 3 (Uraufführung London, BBC, 1937), von Dirigent und Musikern mit Hingabe exekutiert. Danach nähert sich das Programm mit Darwinscher Zwangläufigkeit, wie G. Gould gesagt hätte, seinem turbulenten Höhepunkt. Aram Chatschaturjans Säbeltanz verlor über TV einiges von seiner ausgewogenen kompakten Hitze. Die weiteren kostbaren Stücke Chatschaturjans werden genau musiziert. Die Moderatorin bezeichnet diesen Teil der Programmgestaltung in unnachahmlicher Weise als „festlich prickelnden Abschluss“.
Die Zugaben bestehen aus bekannten Hüftwacklern von Johannes Brahms.
Ich war im ersten Konzert am Sonntag in der Philharmonie und habe natürlich auch die Übertragung auf Arte verfolgt. Mein Eindruck gestern war, dass das Orchester und auch Lang Lang aufgedrehter als 2 Tage zuvor spielten. Gestern lag der Fokus etwas zu sehr auf Einzelaktionen. Aber es ist schwer, ein – immerhin durch und durch beeindruckendes – Live-Erlebnis mit einer TV-Übertragung zu vergleichen. Dazu ist die Art und Weise, wie ich als Hörer meine Aufmerksamkeit verteile, beim Live-Konzert und bei der Übertragung doch sehr unterschiedlich.
Das 3. Klavierkonzert scheint mir auf der jüngst erschienen CD noch klarer und kraftvoller zu sein. Meiner Meinung nach liegt mit dieser CD eine der besten Philharmoniker-Aufnahmen der jüngeren Zeit vor.
Viele Grüße
M. Stenzl
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Yep
Moderatorin ein Ärgernis.
Das bekommen sie beim ORF besser hin.
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