Im Konzerthaus gastiert Yefim Bronfman mit Brahms‘ forderndem Klavierkonzert Nr. 1 d-Moll. Johannes Brahms, in seinen frühen, mittleren Zwanzigern, hatte bei der Komposition bekanntlich seine liebe Not. Die haben – bei der Interpretation – freilich auch heutige Pianisten.
Wie der usbekisch-gebürtige, US-amerikanisch-israelische Pianist das beim RSB macht, ist verblüffend. Sein Spiel hat Größe und Selbstverständlichkeit. Dazu kommt ein typisch schwerer Anschlag, in dem sich Nüchternheit und Wärme mischen, hörbar beim zweiten Thema mit seinem zweimaligen Aufsteigen.
Ruhig und folgerichtig lässt Bonfman die Gestalten des Maestoso-Satzes auseinander hervorgehen. Dabei stellt er nichts unnötig heraus, lässt sich nicht ablenken. Die Tempomodifikation bei den Aufstellungen und Wiederaufnahmen der Themen sind nicht (subjektiver) Widerstand gegen die (gewiss nicht kleinen) Zumutungen des Orchesters, sondern unaufgeregt richtig. Das klingt dann statuarisch „brahmsisch“ und doch bezwingend lebendig. Wow, unspektakuläre Größe.
Wladimir Jurowski lässt das RSB eine stringente, fast langsame Exposition spielen, ist aber im Folgenden nicht immer für Bronfman ein Partner auf höchster Augenhöhe. Verläuft deswegen der Durchbruch zur Reprise mit seinen Triller-stockenden Ballungen etwas unter dem Radar?
Das Adagio ist vielleicht das unattraktivste Stück für Orchester, das Brahms schrieb. Ich bin nach zwei Sekunden draußen: sterile Innerlichkeit, alles ziemlich freudlos, Religiosität in Überlänge. Klar bemerkte man 1859 anlässlich der Leipziger Aufführung „Öde und Dürre, die wahrhaft trostlos ist“. Folgt das Rondo-Finale, dessen Schwung Bronfman mit Kontrolle und gezügeltem Temperament fabelhaft realisiert. Besser gehts kaum. Pause.
Ist schon klasse, wie Jurowski das dirigiert, gerade aufgerichtet, sparsam in der Zeichengebung.
Das Parsifalvorspiel (zum ersten Aufzug) wirkt im Konzertsaal immer wie schlechte Musik, so auch heute. Nicht so das Adagio aus der nicht fertiggestellten Sinfonie Nr. 10 von Mahler in der brauchbaren Barschai-Fassung. Im Gegenteil, die Interpretation durch Rundfunk-Sinfonieorchester und Chefdirigenten ist schlüssig in ihrer Schärfe und Tiefe. Nur das minutenlange Abebben und Spannungslösen des Schlusses wirkt ohne die Ein- und Umrahmung durch die fehlenden vier Sätze maßlos. Der Neun-Ton-Akkord mit seiner autobiographischen Aufladung („Zusammen floss zu einem einzigen Akkord / Mein zagend Denken und mein brausend Fühlen“, Mahler an seine Frau) schlägt den Bogen zur autobiographischen Chiffrierung (Robert und Clara Schumann) des Brahmskonzerts.
Georg Beck, NMZ
https://www.nmz.de/kritik/oper-konzert/et-terra-pax
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Neulich hab ich mir einen Meisterkurs von Alfred Brendel auf youtube angeschaut, über Beethoven, Apassionata. Da sitzt der etwa 30-jährige Schüler und hört relativ perplex zu, wie Brendel fast jede einzelne Phrase rational analysiert und klanglich wieder zusammensetzt. Der Schüler spielte vorher, wahrscheinlich auch nachher, eher gefühlmäßig ganz gut Klavier. Bei Brendel klingt es eben, wenn man nichts weiß, nach Weltklasse, und wenn man genau zuhört, nach dem Ergebnis seiner Analyse.
Natürlich gibt es auch Pianisten, die einfach gefühlsmäßig großartig Klavier spielen. Friedrich Gulda zum Beispiel. Oder vielleicht hat der uns seine Analytik einfach nicht verraten.
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Am Schluß sagt Brendel zu dem Schüler : Danke (daß ich Ihnen das erläutern durfte).
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Dass der immerhin prominent auf der HP platzierte Beitrag „Zwischen Schubert und Utopie: Ein Liedduo queert die Klassik“ auf NMZ kein Artikel, sondern im Graubereich zwischen Ankündigung und Werbung angesiedelt ist, bleibt total undeutlich. Man wird erst stutzig, als der Text sich als das übliche Anpreisungs-Sprech zu erkennen gibt und dann plötzlich checkt, dass der „Autor“ – Teil des Liedduos ist. Wer bitte schön checkt auf Anhieb, dass das verschämte Kürzel „PM“ Pressemitteilung heißt? Ich freu mich über jede Liedveranstaltung, die es gibt, aber …
https://www.nmz.de/
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wurde schnell runtergestuft
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BTW, ich hätte langsam richtig Bock auf einen Beethoven Zyklus von Petrenko
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der kann das nicht
der kann noch nicht mal Gershwin oder Barber
es klingt immer nur nach stampfender Militärkapelle, die weiß, daß die im Besitz der Wahrheit ist
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Yes!! Ring mit Thielemann Ende September Anfang Oktober mit Volle, Schager, Kampe, Mikneviciute
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Jede Saison ohne Volle, Koch, Mayer ist ein Verlust. Hoffentlich ist Cutler geeigneter als Siegmund als der ungenügende Watson. Kares als Fasolt/Hunding/Hundig natürlich stimmlich wuchtig, aber doch in punkto Wortpräsenz nicht zufriedenstellend. Prudenskaja GD-Waltraute, gut. Mahnke Fricka, ja, aber mir gefallen Mezzos wie Baumgartner, selbst Schuster besser. Soffel (vor 15 Jahren) Optimum. Prudenskaja singt im Mai übrigens Fricka in London (Wotan Maltman, den bitte nie in Berlin). Der neue Loge wird voraussichtlich NICHT Villazon sein. Rügamer als Mime immer etwas zu leicht.
Ist auch typisch Deutsche Oper, Petean ist aus Vespri und aus Aida raus. Als Montfort steht er als Besetzung dabei sogar noch auf der Seite. Oh Mann. Na, die Helena von Sabirova ist gut.
https://deutscheoperberlin.de/de_DE/production/les-vepres-siciliennes.1355944
Nächste Saison geh ich nach langer Pause wieder in Daponte-Mozarts.
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Die singen alles immer überall. Außer Volle vielleicht, der wohnt in Kleinmachnow, auch wegen seiner Kinder.
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Petean als Simone
die scheußlichste aller Verdi-Opern
ehrlich, ne
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Übrigens klingt das Fis-Dur-Thema bei Mahler nicht ziemlich nach dem zweiten Thema (auch in Fis) aus der 4. Sinfonie von Schmidt vom Anfang der 30er Jahre, die im Dezmber beim RSB zu hören war?
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Ach ja, Zugabe war cis-Moll-Walzer von Chopin, oder?
Bronfman war schon unter Barenboim der Knaller mit dem 1. Konzert.
Und feiner Brahmszyklus von Jurowski, exquisit schon im Herbst mit Schönberg und Mendelssohn.
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Zugabe war Tschaikowsky
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