Im Konzerthaus spielt Tetzlaff Bartóks 2. Violinkonzert von 1939. Rein äußerlich ist das Konzert beruhigend konventionell: also dreisätzig, das erste Allegro hat Sonatenform (und das zweite doch auch?), das zweite Thema ist jeweils lyrisch. Elektrisierend (und zugleich fast mendelssohnisch) wirkt der Gegensatz von virtuosen Spielepisoden und luftklaren Bartók-Tuttis. Und dazwischen ein Variationen-Andante.

Christian Tetzlaff klingt bei Béla Bartók spitzenmäßig. Und Bartók bei Tetzlaff. Dabei ist dessen Geigenspiel nicht leicht zu beschreiben. Klar, die Attacke ist zupackend und der Ton energisch, plastisch, anti-säuselnd. Aber auch biegsam. Früher klang Tetzlaff bisweilen in allem Furor sehr direkt. Heute ist da auch konzentrierte Verinnerlichung. Zum Hysterischen neigende Gestik, wie bei Kopatschinskaja oder Jansen zu hören, fehlt vollständig, was gar nicht schlecht ist.

Mit dem RSB findet Tetzlaff zu einer untergründigen Sachlichkeit, aber zu einer Sachlichkeit ohne Strenge, einer Sachlichkeit, die sich Linie und Ausdruck heftig bewusst ist. Die lyrischen Stellen klingen abartig gut, ob zweite Themen der Rahmensätze oder im Andante Thema und 16-tel-Variationen (1. und 2.) sowie 32-stel-Variation (4., mit den Trillern). Und überhaupt: Ein Mega-Legato bindet die Musik zusammen. Fazit: ein Bartók aus einem Guss, souverän, getrieben von persönlicher Meisterschaft und doch wieder fast klassisch ausgewogen.

Schön auch die Bartók-Zugabe aus der Solosonate. Es geht auch ohne Bach.

David Afkham erweist sich als ein in Tempo und Akzentuierung maßvoller Dirigent. Er mag es dicht-texturig statt nur-transparent, was bei Bartók immer Spaß macht.

Was macht man mit der Sinfonie Nr. 4 des Österreichers Franz Schmidt? Die Formstrategie hat viel von Mahler, zumal der Neunten, das Motto-artige Trompetenthema ist großartig, das schöne zweite Thema hingegen hör ich zu oft. Schmidt nimmt die Weltanschauungs-Sinfonie aus den guten, alten k-u-k-Zeiten und frischt sie autobiographisch auf. Reicht das? Man hat das Gefühl, harmonisch gehe das nicht über Bruckners Nr. 9 hinaus. Heute halten die Kontrabässe die Musik zusammen. Von Afkham hätte mehr Richtlinienkompetenz kommen müssen.