Freitagabendkonzert in der voll gefüllten Philharmonie Berlin. Ein freundlich grüßender, hagerer, gebückter Mann mit Gehstock erklimmt das Dirigierpodest, hängt den Stock ans Podestgeländer und setzt sich.
In der Genoveva-Ouvertüre, die die Berliner Philharmoniker nicht übereilt aber auch nicht schleppend spielen, gibt es Folgendes zu hören: entspanntes Tutti, geradezu federleicht. Nicht zu viel unnötige Präzision. Über der Musik liegt ein Glanz von sich selbst einstellender Perfektion. Sowohl Abbado als auch Rattle mochten diesen Frühmittelalter-Schumann, der einlöst, wovon die Hochromantik träumte.

Durch Bartóks Klavierkonzert Nr. 2 tänzelt Yefim Bronfman nicht so luftig wie Aimard, macht Bronfman ein largando nicht so effektvoll wie Yuja Wang, betont den Neoklassizismus nicht so wie Schiff, spielt nicht so überwältigend klar wie Lang. Bronfman entscheidet sich für ein kraftvolleres, energisch gedrungenes, mehr architektonisches als farblich auskostendes Spiel. Mit körperhaftem Anschlag konkurriert der Pianist im ersten Satz (der wirkt immer monothematisch, aber heute besonders) mit der Kraft der Bläser, im Finale mit dem des ganzen Orchesters.
Akkordwucht ist bei Bronfman nie Selbstzweck. Das klingt alles andere als auf Durchhörbarkeit optimiert, aber gerade deswegen aufregend wild. Im Presto des Mittelteils, einem Hexentanz auf Tasten, der ohne jedes vordergründige Hasten gelingt, leuchten die Trillerketten, die gar keine sind, sondern rasend schnelle Sechzehntel, und wahren dennoch eine Dramaturgie, die nach innen weist.
Superb.
Mich beschleicht bei Bronfman immer das Gefühl, den besten Pianisten der Gegenwart zu hören.

Zubin Mehta, der in letzter Zeit bei Premieren Unter den Linden Werke wie Turandot und Rosenkavalier fulminant ausleuchtete, macht nicht viel. Zuckert hier ein Holzbläserschnörkel hin. Lässt laufen. Dort etwas Unklarheit. Nur die dynamische Abstufung bei Bartók ist nicht mehr ganz state of super Spielen.
Hervorragend.
Für russische Musik fehlt mir zur Zeit der Nerv.
Noch ’ne Frage : Wie kann es einen „besten“ Pianisten geben ? Meiner Meinung nach wäre das Schiff.
Die beste Winzerin Frankreichs, Madame Colette Faller von der Domaine Weinbach im Elsaß, herrschte mich mal an : Was heißt schon besser ? Schmeckt es, oder nicht ?
LikeLike
Und da ich grad dabei bin. Der „Reinhard-Schulz-Preis für zeitgenössische Musikpublizistik“, der wahrscheinlich auch nicht so wichtig ist, wird an eine Van-Autorin vergeben und gleichzeitig sitzt zum ersten Mal der Van-Herausgeber in der Jury. Die Juryvorsitzende kommt vom SWR, für den die Preisträgerin auch arbeitet.
LikeLike
Wenn es einen speziellen Grund gibt, warum Barenboim hier in der Staatsoper nicht mehr, sondern nur noch woanders dirigiert, dann ist es das Van-Magazin. Sesshaft in Berlin-Kreuzberg, am Görlitzer Park.
LikeLike
Genial! Der Hauptartikel auf RBB Kultur heißt: „Sinnliche Sommerfrüchte: Zeit für Erdbeeren“. Wir lieben unseren RBB. Auch für die Kategorisierung unter „Rezensionen“.
https://www.rbb-online.de/rbbkultur/themen/leben/rezensionen/geschmackssache/2023/06/zeit-fuer-erdbeeren.html
LikeLike
Und wo ist das Problem?
LikeLike
Gabriele Schnaut ist gestorben. Habe sie als Student noch gehört und geliebt, Elektra, Brünnhilde, vielleicht auch Ortrud und Isolde. Sie ist eine der Sängerinnen, mit denen Jürgen Kesting in seinem Buch ausfallend und grausam umgeht.
LikeLike
Ich habe sie oft in Hamburg gehört und in bester Erinnerung. Eine große Sängerin zweifelsohne. Nach dem Wechsel ins Sopranfach wäre der deutschsprachige Opernbetrieb zwischen 1985 und 2000 ohne sie in der Form unmöglich gewesen. Inwiefern „ausfallend und grausam“?
LikeLike
„G. S. verfügt nur noch über die Ruine eines hochdramatischen Soprans“ (Strauss‘ Amme, hier zitiert Kesting Spahn).
„Welcher Art ist der Heroismus, der eine Sängerin dazu bringt, sich nach einer nicht länger zu bewältigenden Aufgabe dem barbarischen Gebrüll des Publikums zu stellen?“ (Strauss‘ Amme).
„Man müsste sich an der Qual eines solchen Kampfes weiden, um die Aufnahme zu tolerieren.“ (Turandot).
„G. S. in der zentralen Rolle der Grete ist schlicht unanhörbar“ (Ferner Klang, hier zitiert Kesting Freeman).
LikeLike
Ich bin zweimal beruflich nach München gefahren, um mit einer Firma zu verhandeln, die die Klos für den Airbus A380 herstellten. Die sagten, sie hätten noch nie gehört, daß einer seine Dienstreisen am Opernspielplan ausrichte. Es war zweimal Elektra, mit Mariana Lipovsek als Klytemnästra. Dirigent glaub‘ ich Schneider, aber weiß ich nicht mehr so.
LikeGefällt 1 Person
Im Übrigen habe ich Schnaut nicht als Brünnhilde gehört. Habe sie mit Janis Martin verwechselt.
LikeLike
Gabriele Schnaut war eine wundervolle Isolde und Elektra. Ich habe sie immer in bester Erinnerung behalten. Die konnte das einfach, und wen gab es damals noch ? Gwyneth Jones war schon alt.
Kesting hatte eine Periode, in der er Sänger umso besser fand, je verrauschter oder verzerrter deren Grammophon-Aufnahmen waren. Sogar Domingo in seiner Hochzeit war davor nicht gefeit („ein Sänger, der die Hörer überrumpelt“). Inzwischen scheint Kesting davon Abstand genommen zu haben und sich mehr an der Wirklichkeit bzw. Gegenwart zu orientieren.
LikeLike
oder so, in Perfektion, mit zwei falschen Tönen (man achte auf Lang Lang, und wie Barenboim einfach weiterspielt) :
LikeLike
https://www.google.com/url?sa=t&source=web&rct=j&url=%23&ved=2ahUKEwi89tT35NL_AhXxSvEDHc0gCA4Q8DV6BAgTEAM&usg=AOvVaw0VTJzWxrN8ZFOD4xbU2nov
Das möchte jetzt mein Sohn spielen. Meine Mutter sagte immer, wenn ich das spielte:
wir zerhacken ein Klavier.
LikeLike
HIer isses :
Pollini konnte das ganz ohne Hackebeil
LikeLike
und jetzt mein Sohn auch!
LikeLike
Margaine sollte lieber nochmal Maddalena oder Carmen singen.
Google no. 1
LikeLike
Hoffentlich hängen ’se dem am Ende nich‘ noch was an wie dem Levine oder Domingo. Kann mir nicht vorstellen, daß der ein Kind von Traurigkeit war.
LikeLike