Wer ist Simon Steen-Andersen? Ein Komponist, Däne, Jahrgang 77. Was für ein Stück ist Walk the Walk, das die Staatsoper im engen, atmosphärischen Alten Orchesterprobensaal zeigt? Eine Perfomance-Revue. Witzig, verwegen, vierköpfiges Ensemble, 90 Minuten.

Walk the Walk Simon Steen-Andersen Staatsoper Berlin

Steen-Andersens so straffes wie spielerisches Geräuschtheater ist stellenweise sensationell. Die loopenden Beats springen wie der dänische Dorsch in der heißen Pfanne. Aber das ist heute nur die halbe Neue-Musik-Miete. Denn es gibt ein Thema, und das Thema heißt Gehen („Walk“). Steen-Andersen setzt auf slapstickhafte Geh-Defilés, Laufbänder, witzige Lichteffekte sowie das Mikro-verstärkte Tok-Tok der Schritte.

Peter Handke hätte die eineinhalb Stunden „Versuch über das Gehen“ genannt. Der Abend als ganzer ist ziemlich meta. Das Setting wird dabei fast zur Nebensache: der Hinterbühnenbereich eines Theaters. Es steckt viel ironische Smartness in Walk the Walk (für vier Performer, Laufbänder, Objekte, Licht und Rauch), inklusive entschwebendem Schlagzeug und nonchalanter Choreographien.

Zumindest in den Geräuschstrecken herrscht jene Leichtigkeit, die Stücke wie Run Time Error oder Double Up durcheinanderwirbelt. Es sind diese polyphonen Geräuschmodule, repetitiv rhythmisiert und wild zusammengesampelt, im eng verzahnten Zusammenspiel mit szenischen Idée fixes (Vorhangmotiv, Laufband), die den Wert des Abends ausmachen.

Walk the Walk Simon Steen-Andersen
Geiler Sprung des Komponisten aufs Podium

Freilich bleibt Walk the Walk immer wieder mal in Performance-Beliebigkeit stecken. Als entbehrlich erweisen sich irgendwie die zahnlosen Exkurse zum verdienstvollen französischen Bewegungsforscher Marey sowie die nur mäßig mitreißenden Interviewszenen.

Die Streckung der Uraufführungsfassung von 2020 auf neunzig Minuten war vermutlich nicht ganz unproblematisch.

Das Schweizer Ensemble This Ensemble That gibt witzige Performer ab. Insbesondere die Interviews umweht die Aura amateurhaften Schauspielerns, was der geneigte Zuschauer als hippen Extrawert verbuchen kann.

Foto 1: Gianmarco Bresadola


Weitere Kritik: „Schabende Plastikkarten“ (Stefan Drees), „Wo laufen Sie denn?“ (Peter Pachl, zur Premiere der Corona-Fassung 2020).

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