Gehe ich heute Abend zu den Philharmonikern, wo Janine Jansen das Sibeliuskonzert spielt, oder in die Komische Oper, wo Baiba Skride das erste Violinkonzert von Szymanowski vorträgt? Ich gehe in die Komische Oper, wo außerdem das flirrend geniale, frühe Scherzo fantastique von Strawinsky erklingt, das Ainārs Rubiķis als subtilen Einheizer farbprächtig huschend zusammen mit dem Komische-Oper-Orchester aufrauschen lässt.

Das einsätzige, fabelhaft verschlungene Violinkonzert Nr. 1 des Polen Karol Szymanowski muss man zehn Mal hören, um es halbwegs zu verstehen. Besser ist es, einfach Baiba Skride zuzuhören, die die beseelten Steigerungen wunderbar mitgeht. Den hitzig sich verströmenden Lyrismen bietet sie konzentriert Paroli.

Baiba Skride Violinkonzert Szymanowski Berlin Geige

Das Vibrato ist knapp und der Ton ist intensiv. So gewinnt ihr Spiel an hintergründigem Temperament. Derweil zündelt Rubiķis mit den Orchesterfarben und hat ein Händchen für die schwelgerische Raffinesse des Polen, was Baiba Skride wiederum zu schätzen weiß, wenn sie ihr Spiel um eine hitzige Komponente bereichert. Ihre Virtuosität entwickelt sich aus dem Klang des Orchesters der Komischen Oper und kehrt zu ihm zurück. Ich hatte schon immer ein Faible für die rabiate Frische von Rubiķis‘ Tutti.

Baiba Skride spielte vor eineinhalb Jahren ein famoses Strawinskykonzert drüben bei den Philharmonikern. Damals machte sie in rotem Kleid bella Geigen-figura, heute ist es eines in glitzerndem Sommergrün.

Die Sinfonie Nr. 2 von Rachmaninow höre ich nicht. Es steht mir derzeit der Sinn nicht nach russischer Seele.