Sibelius am Anfang und Sibelius am Ende. Der finnische Bariton Arttu Kataja gibt zusammen mit der Pianistin Pauliina Tukiainen ein feines, facettenreiches Recital, dessen gewisses Etwas ein fühlbar finnischer Einschlag ist. Sibelius am Anfang, und gleich der erste Beitrag (Kom nu hit, död, Komm herbei, Tod) gibt auch die Richtung vor. Es geht um gescheiterte Liebe, Einsamkeit, Tod. Romantisches Lied eben. Was Arttu Kataja da draus macht, schallt ausdruckspräsent, nordisch-ernst (im anschließenden Yö von Toivo Kuula), hat Intensität (in den auch hierzulande einigermaßen bekannten svarta rosor, den Schwarzen Rosen, wieder von Sibelius). Kataja gestaltet klanglich geschmeidig, verfügt über eine gletscherklare Tiefe. Toivo Kuula war Sibelius-Schüler. Sein 1907 entstandenes Tuijotin tuelehen kauan schließt mit dem Fazit: Wer verlassen ist, soll nimmer lang das Holz des Herdes schüren.

Im Folgenden pendelt die Vortragsfolge im so marmormächtigen wie akustisch erstaunlich intimen Apollosaal der Staatsoper gelassen zwischen Romantik und Rihm. Am Schluss stehen die Sechs Lenau-Lieder und Requiem op. 90 von Schumann. Auch hier treibt das Unglück sein Unwesen, was aber nicht verhindert, dass Opus 90 einige der schönsten späten Lieder Schumanns enthält. Prächtig Katajas attraktive Stimme im munteren Lied eines Schmiedes.
Bei Meine Rose höre ich ungewollt den insistierenden Bariton Florian Boeschs mit. Kataja klingt hier zugleich spontan und konzentriert und gibt der Reprise der ersten Strophe einen nach innen gewendeten Ausdruck. Auch das frische, von Kataja baritonwendig vorgetragene, mit seinen Sept- und Oktavsprüngen melodisch ungemein reizvolle Die Sennin wendet sich im zweiten Teil Todesgedanken zu. Die Talsohle der Trauer scheint mit dem desolaten Selbstgespräch Einsamkeit und dem trostlosen Der schwere Abend, der Schilderung einer Trennung, erreicht. In Requiem dann, von Schumann als klingende Totenklage für Lenau und ohne Zweifel als Zielpunkt der Werkgruppe konzipiert, legt Kataja dann noch mal eine Schippe drauf. Am Flügel erspielt sich Pauliina Tukiainen den reichlich gegebenen Applaus, fließend das Nachspiel von op 90,3, überaus scharf gezeichnet die Zwischenspiele von Nr. 7.
Drei Lieder aus den Vier Späten Gedichten von Friedrich Rückert von Wolfgang Rihm erweitern das Programm in Richtung Zeitgenössisches, hier wird Arttu Kataja fast ein virtuoser Conférencier von Vanitas-Gedanken. Anders im Ton die Vier ernsten Gesänge von Brahms, die ganz alttestamentarische Strenge beschwören. Die Zugabe, Sibelius‚ Illalle (An den Abend) aus den Sieben Liedern op. 17, stellte noch einmal die Eigenarten des finnischen Komponisten heraus. Gerne mehr Sibelius und Kuula nächstes Mal, Herr Kataja!
Als ich 18 war, hatt‘ ich diese Aufnahme auf Decca Digital Remastered 37 upm :
mit einem finnischen Bass, der schon vorher dreimal in der Wochen an der Oper Köln Repertoire sang
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wie schön ist doch die Musik
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Das ganze stammt nur aus der ewigen Konversation mit einem New Yorker Opera Buff, der gleichzeitig irgendwie mein Jungianischer Analyst war. Ein Wiener Jude, der alle Opern auswendig konnte und nach New York floh.
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Klassiker
Die ist aber auch immer gut London 58
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Ja, wunderbar!! Ich würde liebend gerne mehr Sibeliuslieder hören, aber ernsthaft will ich auch nciht textlos durch Dutzende Liedgruppen hören. Woher die Texte oder genaue Informationen nehmen? Wenn man nicht gleich die 5-CD-Box kaufen will, und über CD-Booklets bin ich wegen des hässlichen Formats und den unnützen mehrsprachigen Übersetzungen drüber weg. Es gibt auch kein Handbuch zu Sibelius bei Bärenreiter oder Laaber oder etwas Vergleichglares.
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Das macht gar nichts. Ich habe damals in 1988, als ich das erste Mal mit Freunden in Ost-Berlin war, auf der Frankfurter Allee meinen Tosca-Klavierauszug gekauft. Ich glaube, die Verkäuferin war sehr froh, daß ich ungefähr 33 Westmark auf den Tisch legte.
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Ich war ein paar mal in der Chicago Opera. Da gab es so Stücke wie Andrea Chenier oder Götterdämmerung, und immer standen zwei merkwürdige Figuren im Foyer, die waren gekleidet wie Mafiosi, hielten Textbücher in die Höhe und riefen : „Libreddo ! You want a libreddo ?“
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Der Holländer vom Wagner ist sowas wie der Nabucco vom Verdi – grandioses Jugendwerk.
Wenn ich eine Zeitmaschine hätte, würde ich dem Bellini das Leben retten. Dann könnte der noch was nach den Puritani schreiben…
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