Schlagwörter
Wann kommen die Konzerte mit Publikum wieder? März. Oder April.
Sonntag, 29. 11., 20.00, Haus des Rundfunks. Das RSB spielt vor lauschenden Mikrofonen, aber ohne Kameras. Die für das Konzert – mit Publikum – eigentlich vorgesehene Karina Canellakis, immerhin erste Gastdirigentin, ist sonderbarerweise für das reine Radiokonzert nicht mehr verfügbar. Cannelakis dirigiert frisch und fröhlich fast zeitgleich beim Symphonieorchester des BR. Stattdessen steht Wladimir Jurowski beim RSB am Pult. Es ist ja hochinteressant, wie sich die (relativ) neuen Berliner Orchesterchefs schlagen. Der elegant-nervöse Ticciati beim DSO, der dunklere, schwerere Jurowski beim RSB, der messerscharfe Petrenko bei den Philharmonikern. Was macht Jurowski also bei der Oberon-Ouvertüre (1826)? Zügelt Webers brillante Ritterlichkeit zugunsten von ungebügelter Rauigkeit.
So klingt die frühromantische Ouvertüre erwachsener, als schlüge in Oberon schon das Herz eines Fliegenden Holländers oder eines rabiaten Verdis. Siegfried-Idyll (1870) strebt in der Kammerfassung mit Streichquintett eine maximale Distanz zur Welt des Siegfried an, der es entstammt, bewahrt fast unwagnerisch intime Allüre und Privatheit. So ziemlich jedes Konzertprogramm, das in eine Beethovensinfonie mündet, erweist sich als sinnvoll. So auch heute. Das RSB gibt die Sinfonie Nr. 2 als frech federndes Wunderwerk, dem nie die Puste ausgeht. Vor allem der Kopfsatz wirkt wie ein einziger, riesengroßer Salto mortale. Im Andante ist alles dran, aber wenig drin, was sich in etwa so sexy anhört wie Raufastertapete. Es gibt einen historisch informierten Stil, der so unergiebig tönt wie schwäbischer Spätklassizimus. Mehr Freude verbreitet das versatil pulsierende Finale, wo das RSB das zweite Thema faszinierend kammermusikalisch runterbricht. Was Jurowski weniger interessiert: das Zusammenfassen und Abschließen. Auf Abruf zum Nachhören verfügbar ist das Ganze hier. Gut.
Am Freitag will ich aus dem Joseph-Joachim-Konzertsaal der UdK in ein Konzert des Ensemble des ilinx Studio für Neue Musik u.a. mit Musik der Finnin Saariaho hören. Geht aber nicht, denn blöderweise tut der Stream auf meinen Browsern gerade das nicht, was er bitte schön tun soll, nämlich streamen. Schöne, schwierige neue Streaming-Welt.
Diese ganzen Adventskalender im Internet! Zum Gähnen langweilig! Nur die Deutsche Oper öffnet die Türchen so, dass es eine echte Freude ist. Den Anfang macht am 1. Dezember Elena Tsallagowa mit Arpa gentil aus Rossinis brillanter Reise nach Reims von 2018. Udite, udite, o rustici!

Elena Tsallagowa als Corinna in Rossinis Viaggio a Reims
Samstag, 5. 12., 19:00, Philharmonie. Die Philharmoniker tun Dienst vor leerer Halle, nur die Kameras schauen zu. Und die Musiker spielen ein federleichtes Konzert mit Strawinsky und Bizet. Das Werk des Abends ist die genial leichtsinnig komponierte Symphonie in C-Dur (November 1855) des 17-jährigen Bizet. Die Sinfonie befindet sich auf halbem Weg zwischen Beethoven (B-Dur-Sinfonie) und Prokofjew (Classique). Erst das Finale ist ganz 1850er. Das Stück hat es in sich. Es ist: spritzig, schlank und energisch, straff und gut gelaunt. Die Pulcinella-Suite von Strawinsky (1920) kommt aus ähnlicher Luft. Diese Musik schießt scharf, und jeder Schuss sitzt. Was von Pergolesis Melodien bleibt, tönt musikantisch, ist von zärtlicher Intelligenz, gibt sich lateinisch verspielt. Alain Antinoglu leitet flüssig und feurig bei Bizet, einen Mittelweg zwischen Farbe und Zeichnung findend bei Strawinsky. Corona ist auch eine Chance. Ich höre ein Programm, an das vor sechs Wochen noch niemand zu denken wagte.
Sonntag, 6. 12., 20:00, Haus des Rundfunks. Das Radiokonzert des DSO am Sonntag fällt unerwartet aus. Wozu die schätzungsweise 10.000 Social-Media-Kanäle des DSO lieber schweigen. Schlechte Nachrichten kommen auf Instagram & Co halt nicht so gut. Kurzum: Jemand ist wohl infiziert. Ich freute mich auf die junge Dirigentin Marie Jacquot, auf die frühe Strauss-Sinfonie Nr. 2, auf Schumanns Cellokonzert mit Soltani.
Also schnell in die virtuelle Staatsoper Unter den Linden, wo seit Freitag die nagelneue U5 quasi vor der Haustür vorbeifährt. Jedenfalls ist Unter den Linden der Karneval der Tiere zu sehen, und die entzückende Grande fantaisie zoologique von Saint-Saëns (1886) kann infolge Kammerbesetzung ihre farbenfrohe Buntheit ausspielen. Am Klavier Barenboim und Guggeis, Stein an der Flöte, Glander an der Klarinette. Jan Josef Liefers rezitiert mit ironischer Onkelhaftigkeit. Beim Schwan nehmen sich Polina Semionova auf der Bühne und Sennu Laine am Cello nichts. Einfach nur schön. Auf Youtube hier.
Fotos: Homepage Deutsche Oper / Youtube Staatsoper Berlin
Auch Scala Eröffnung gehört? Waren ein paar absolut tolle Dinger dabei wenngleich die ganze Veranstaltung ganz schön schräg war. Ohne Kaufmann leider — leider mit Domingo
LikeLike
Ja, schön dass es viele italienische Stimmen gab. Buratto/Morrò gefiel mir sehr gut, hab sie auch als Mimi letztes Jahr gemocht, auch Kurzak/Liù und Rebeka/Un bel dì schön. Beczala ist immer noch extrem hörenswert, Florez fast konkurrenzlos. Schager mit Winterstürme solala. Einiges andere dann weniger gelungen. Ja, sehe ich auch so, komische Veranstaltung. Ach ja, Crebassa eine genaue Carmen, feines Französisch. Weiß nicht, ob sie die Rolle durch 3 Stunden trägt, aber Habanera war eine Freude. Weiß nicht ob ich was schreibe. Heute jedenfalls nicht.
LikeLike
Oropesa Bombe!! Opolais ausgebrannt. Grigolo hat mich enttäuscht, Crebassa passt nicht so richtig zu Carmen. Meli und Salsi und Abradszakov haben mich auch nicht vom Hocker gerissen
LikeLike
Ja, gewiss, die Oropesa war mit die Beste. Weiß gar nicht mehr, ob ich Feola schon mal an der DO als Annina gehört habe oder nicht. Bei Nylund muss man sich immer reinhören, hat ja durchaus was Säuerliches, das muss man wegpusten, dann kommt das Gold zum Vorschein. Kurzak hab ich glaub ich auch an der SO als Violetta gesehen, an der DO hab ich sie wegen Termins letztes Jahr verpasst, hatte schon die Karte für ihre Nedda. Dennoch war das ganze skurril, trotz italienischem Pathos mit Dante und Freni.
LikeLike
Genial auch der Bernheim Pour qoui me reveiller, hab übrigens jahrelang gedacht er wär ein Deutscher. Warum hat Netrebko eigentlich nicht gesungen? Hätte man ja manchen Bariton der über seinen ZEnit ist auslassen können ::-) AUch bei PHilharmonikern dabei mit Nelsons am Samstag? Und Lohengrin am Sonntag?
LikeLike
keine Konzerte bis März, April — Gut geschätzt :-(( Die Staatsoper München schließt bis Ende Februar. Söder handelt wenn die anderen rumeiern das war in den letzten Monaten schon immer so. Zumindest hat man dann Klarheit. Also keine Frau ohne Schatten, kein Rosenkavalier, kein gar nichts. Vorher läuft nix mehr. Weiß ich auch nicht warum die ZAhlen nicht zurückgehen. In meinem Umfeld verhalten sich die Leute vernünftig. Man muss wohl Sachse Thüringer oder 20 jähriger männlicher Araber sein um die Sache nicht Ernstzunehmen Andere müssen es dann auslöffeln :-(( Mehr Kontrollen wären nötig und die Querdenker dürfen ihre Behandlung selbst bezahlen :-))))
LikeLike
Lassen Sie doch bitte ihre rassistischen Ausfälle
LikeLike
Fahren Sie bitte täglich in der U8 von Hermannstraße nach Rosentahlerplatz, 8 Uhr hin, 17 Uhr zurück dann wissen Sie von was ich rede . Vermutlich fahren Sie bequem im Auto zur Arbeit und müssen sich nicht in volle u Bahn Wägen quetschen. Dann will sich Sie mal sehen ob Sie sich nicht über Leute aufregen die aus welchen Gründen auch immer keine Maske tragen
LikeLike
Elena Tsallagova ist übrigens eine sehr schöne Sängerin, die fast alles ganz wunderbar erledigt. Ein ganz wunderbarer paggio im ballo, und erst die Hauptrolle in der Zarenbraut an der Staatsoper.
Liebe Leute, von solchen Sängerinnen lebt die Oper ! Es kann nicht alles Startteater sein.
Händel kann sie auch singen, kein Wunder, bei dem Niveau.
LikeLike