Es geht los mit den ebenso klaren wie verspielten, ebenso ausbalancierten wie kurzen Instances von Elliott Carter, eine deutsche Erstaufführung.

Strauss Vier letzte Lieder

Die Staatskapelle spielt sie mit satter Kontur und „samtener Strömung“ (Zitat Georg Heym, gewiss kein Strauss-Bewunderer). Das Orchester löst die kristallklare Melancholie von Strauss‘ Alterswerk in üppiges Chiaroscuro. Ist der Einstieg – aber nur der – in „Abendrot“ nicht kolossaler Kitsch?

Die Mantel-Schärpen-was-weiß-ich-was-umwehte Dorothea Röschmann rauscht herein, genau 46 Stunden nach ihrer Staatsopern-Gräfin. „In dämmrigen Grüften“ (schlechter Hermann Hesse) höre ich eine blühende, von schwerer Klanglichkeit gekennzeichnete Stimme. Den beseelten, opernhaften Aufschwung, den hat sie drauf. Aber autsch! Bei „Von Licht übergo-o-ossen/Wie ein Wu-u-u-under vor mir“ gehen die Gäule mit Frau Röschmann durch – ich höre unkontrollierte Fortes in der hohen Lage. Dann „September“. Hesse ist hier – abgesehen von der Anfangszeile – besser in Form. Wie gut trifft Röschmann den Ton sentimentaler Innigkeit. Die kostbaren Farben. Die Intensität des Timbres. Das in jeder Millisekunde erlebbare, aber ganz in Klang gelöste Vibrato. Röschmanns spezifischer Seelenton.

Ihr Sopran ist genug Instrument, um die üppige Linie der Lieder souverän nachzuzeichnen, und genug Stimme, um sie mit Bordeaux-rotem Klang zu füllen. Eins fällt auf. Ich höre bei Röschmann ab und an ein Kantatentimbre („Dass wir uns nicht verirren“). Ist aber OK angesichts der Neoromantik-Sause, die uns Hesse und Strauss zumuten.

Strawinsky Le sacre du printemps. Schön. Warm. Massiv.