Simon Rattle

Brahms Dritte.

Brahms‘ 3. live ist immer ein bissl heikel. Die 1.: hat wilde Komplexität. Die 4.: Wucht. Die 2.: sonnige Länge. Die 3. hat alles und nichts.

Ich werde erst in der Durchführung hellhörig. Mit dem Ernst von Bergleuten wühlen sich Celli und Kontrabässe durch die Kellergeschosse von Brahms 3. Stefan Dohr bläst sein goldiges Hornsolo. In den Seitenthemen überrascht die freie Handhabung der Achtel-Dingsda’s (Wenzel Fuchs, Klarinette). Brahms‘ Markenkern, Gemüt, durch Struktur gebändigt, wird freigelegt, wo es sich ergibt. Ansonsten achtet Simon Rattle auf Verklammerung. Auf Schwarmintelligenz –

siehe die Kombi aus kollektiver Tempo-Lockerheit und akribischer Detailversessenheit in Andante und Poco Allegretto. Man spürt diese Crescendo-poco-a-poco-Kantilene der Geigen gegen Ende des Andante aufgrund kribbelnder Kopfhaut quasi schon 5 Takte im Voraus. Stefan Dohr mit Killereinsatz im Poco Allegretto (Piano espressivo).

Das Finale ein Traum aus Kraftfutter. Dichter Satz. Innenschub. In der geballten Gespanntheit der Coda erlebt man die viel gerühmte Kurvensicherheit der Berliner quasi am eigenen Leib.

Georg Friedrich Haas Dark Dreams

Klingt gleich gut, was sie da spielen. Schärfe der Geigen. Mann, was für ’ne Power. Haas‘ Thema im ersten Teil von Dark Dreams dürfte sein: Geräusche, die depressiv machen, aber höllisch interessant sind. Der letzte Teil beansprucht geringeres Interesse. Die Melodiebögen klingen nach gutem Prokofjew von 1950.

Debussy La Mer

Könnte man ja behaupten, besser gehts nicht. Aber nach der Messerschärfe in Dark Dreams fehlt mir die ganz große Konzentration.