Gidon Kremer, der vielleicht die Mozartkonzerte so spielen konnte und vermutlich kann, wie keiner und keine, gastiert in der Staatsoper Berlin. Wie spielt er Bartóks frühes, zweisätziges Violinkonzert?

Aufregend lebendig und unendlich diskret.

Da ist zum Beispiel Kremers bezauberndes, Bartóks jugendstilige Linien souverän umatmendes Legato. Man begreift, dass Ton und Tonfall Kremers ureigener sind.

Vollständig nach innen gekehrtes Geigentemperament.

Der Lette lernte ab 1965 bei Oistrach. Kremers Vibrato hat nicht den Hauch einer Espressivo-Allüre nötig (ähm, Frau Jansen?). Die Intensität der Spitzentöne hat flackernd packendes, inneres Fiebern. Den Abgesang des ersten, verrätselt stillen Satzes, offenbar ein Porträt der Geigerin Stefi Geyer, spielt niemand freier, ernster, gelöster.

Die Intonation schwankt allerdings wie der Berliner Fernsehturm bei Windstärke 9. Kremer verzeiht man’s, so wie man der Argerich ihre – inzwischen – zahlreichen Ungenauigkeiten nachsieht. Zu Beginn von Satz 2, Allegro giocoso, biegt sich das Thema (Sext runter, Terz rauf, Sext runter, Terz rauf) wie der Balken eines Bauernhauses beim frühen Van Gogh. Öfters wird die Tonhöhe quasi schleppend erreicht. Auffallend auch das gelegentliche Überschärfen des Tons.

Der Eindruck ist wie zuletzt bei der Kremer-Hommage im Konzerthaus, nämlich den Geiger unserer Zeit zu hören. Gegen Kremer klingt Batiaschwili wie auf offiziösen Geigenhochglanz poliert, Zimmermann pedantisch (was er nicht ist), und Isabelle Faust wie mitten drin in einer diffizilen Seminararbeit.

Mahlers 1. Sinfonie dirigiert Markus Poschner, der für den erkrankten Armin Jordan einspringt, robust, klanglich derbe, ohne allzu viel Gefühlsglanz. Na schön, auch mit Verlässlichkeit und Konstanz. Aber mit Konstanz im Mittelmäßigen. Poschner halt.