Die Deutsche Oper stellt erneut Glanerts Oceane, ein „Sommerstück für Musik in zwei Akten“, zur Diskussion. Premiere und Uraufführung waren 2019. Die Handlung, nach einem Prosaentwurf von Fontane, spielt in einem Ostseebad – Heringsdorf? – und erzählt die Geschichte der unmöglichen Liebe zwischen der geheimnisvollen Oceane und dem jungen Gutsbesitzer von Dircksen.
Regisseur Robert Carsen verlegt diese zartbittre Kurbadoper in die Zwanziger (oder Dreißiger, laut Libretto allerdings 1880) und etabliert dazu edle Grisaille-Tristesse – der pechschwarze Hintergrund der offiziellen Bühnenfotos ist falsch. Auf der Bühne stehen Tische, später Strandliegen. Im Hintergrund branden Video-Wogen, unscharf zeitlos wie von Gerhard Richter.

Im Opern-Zentrum steht Oceane, im silbern funkelnden Kleid, blendend schön. Sie kommt aus dem Meer, kehrt ins Meer zurück. Nähe zur Gesellschaft ist ihr unmöglich. Menschenscheu und -fremd ist sie. In zwei großen Szenen singt Jacquelyn Wagner, die hochgewachsene, nur von Pesendorfer überragte, mit weichem Sopran erregte, gezackte Linien.
An ihrer Gefühlskälte scheitert die Beziehung zu Baron Dircksen, den der fabelhafte Nikolai Schukoff mit schlanker und biegsamer Tenorhöhe verkörpert.
Die olle Melusinen-Thematik aber mutet nach Zweiter-Hand-Romantik an. Dafür macht die klare Handlung Spaß. Auf der Musik-Habenseite stehen quirlige Ensembles, Tenorlinien wie bei Strauss, zapfige Pastorenchoräle, flotte Tanzmusik, alles fein abgestimmt und sauber gefügt.
Ich bleibe dabei. Das Libretto (Hans-Ulrich Treichel) leidet an der Simplizität der Novellenhandlung. Die Verteilung von Gut und Böse erscheint als simpel: hier die stigmatisierte Fremde, dort der eifernde Pastor Baltzer (ein klassischer Bassbösewicht: Albert Pesendorfer), dem die vorhersehbar intolerante Masse (in uniform staubgrauen Kostümen, Dorothea Katzer) willig folgt.
Extravagant und kein bisschen abgehalftert, aber mit unsäglich viel Stil, macht Doris Soffel bella Hotelière-figura. Vergnügen bereitet ihr stahlgeschärftes Timbre, das die Ensembles nach Belieben durchschneidet. Eine Figur mit Pepp ist auch Kristina, eine Koloratursopranrolle, deren Soubrettencharme verfängt (Nicole Haslett), besonders, wenn Haslett den Nordisten Albert (Artur Garbas, gut) sopranfroh um den Finger wickelt. Das Anknüpfen bei der Fiakermilli (Arabella, Premiere im März) passt, so wie die Tanzmusikeinlagen passen. Eindruck macht auch der Hausdiener des Andrew Harris (Unser schönes Sommerfest… traurig, traurig, traurig).
Warum ist jetzt, nach der ersten Wiederaufnahme von Oceane, Schluss mit dieser so geschmackssicheren Produktion?
Danke! Das hört sich interessant an!
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Mal wieder kleines Ar+++++ch, Domingo?
https://www.spiegel.de/kultur/musik/placido-domingo-vorwuerfe-gegen-opernstar-sie-sagen-dir-fahr-nicht-allein-im-lift-mit-placido-domingo-a-26791282-a608-4b59-a0c3-f952bdbfcdea
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Stellt Euch vor, Anna Prohaska treibts mit Domingo im Aufzug und stellt hinterher fest :
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Marta würde es absegnen.
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Warum ist Schluß?
Weil es nur eine mißlungene Kopie der Rusalka ist.
Video fällt mir gar keins ein.
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Und außerdem : welche preussische Oper kann schon überhaupt was taugen?
Antwort : keine. Sonst wär eine unter den 70.000 geschriebenen übrig geblieben und würde ständig aufgeführt.
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