Das Konzert war stellenweise langweilig, was zu einem großen Teil an Wagner und zu einem geringeren an Pfitzner lag.

Die Palestrinavorspiele, komponiert um 1915, Premiere 1917, hört man in Berlin erstaunlich oft, schon Nelsons und Janowski ließen sich von den kargen Linien und dem ausgesparten Klang faszinieren. Eben das macht den Ruhm dieser Musik aus, unweigerlich öffnet sich die ferne Zeit des Weltkriegs. Schön, im dornenreichen Vorspiel Nr. 3 huldigen die Philharmoniker in fabulöser Weise Pfitzners schwermütiger Entsagung, aber will man nicht dessen Ouvertüren (Käthchen, Christ-Elflein) oder seine Konzerte aufführen? Das klanglich wenig binnendifferenzierte und doch fabelhaft von innen bewegte Vorspiel 2 zeigt, wie Christian Thielemann eben nicht den analysierenden Spaltklang etwa eines François-Xavier Roth favorisiert.

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Nicht die Entbehrungen, sondern die Wonnen der Resignation sind Thema der Parsifalvorspiele. Man soll sowas lieber in der Oper hören. Thielemanns Sinn fürs Auf- und Verblühen der Linien ist trotzdem sagenhaft, ebenso für Temporückungen (die werden durchaus nicht feinsinnig gestaltet, sondern im Gegenteil kraftvoll), ebenso für die Klangmischungen von Streichern und Blech. Nachgerade zauberhaft nehmen die Streicher das Glaubensmotiv zurück, während dasselbe Motiv kurz zuvor, in voller Bläserpracht des 19. Jahrhunderts intoniert, das klingelnde Handy des 21. nicht zudecken kann.

Eine Enttäuschung stellen die Vier letzten Lieder dar, da ich Camilla Nylund (Kleid, schwarz, Glitzer, hauteng) kaum verstehe, ich bin im Block seitlich. Nur die Spitzentöne dringen durch, auch wenn Thielemann dämpft und abtönt, dass es eine Freude ist (Bratschen!!!!!). Versteht, wer in K sitzt, überhaupt ein einziges Wort? Dort sieht man wenige klatschen.

Ein Abend ganz ohne Russisches. Prima, da kann ich das komplette Konzert genießen.

Die ersten Celli sind doppelfranzösisch besetzt: Solène Kermarrec und Bruno Delepelaire – von dem hörte man vor zwei Wochen das unwiderstehliche Lalokonzert.

Thielemanns deutsche Programmierung mündet in Schönbergs Bearbeitung von Bachs Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552. Das kennt man nicht. Das Stück – knapp 15 Minuten – für großes Orchester ist ein Knaller, nicht nur, weil Thielemann die kesse, das Humoristische streifende Instrumentation herausstellt. Das Orchester hat Spaß. Die Fuge ist ein Traum. Neobarock wirkt das nicht, sondern wie Bach aus dem Überbrettl.