Elīna Garanča singt im 3. Abonnementkonzert die Sea Pictures von Elgar (1899). Beides, Lieder und Interpretation, überzeugen.

Beim ersten, Sea Slumber-Song, und zweiten, In Haven (Capri), scheint die Singstimme nach innen gewandt. Das Schlaflied ist eine bestrickende Fantasie, das Capri-Lied stellt die Treue der Geliebten dem unbeständigen Meer gegenüber. Die zurückhaltende Instrumentation erhöht nur den Reiz. Elīna Garanča interpretiert mit ebensolcher Zurückhaltung und ist darin ganz die große Interpretin. Nuancen und Farben passieren en passant.

Nicht alles aus Garančas begnadeter Kehle ist eloquentes Englisch. Doch auch der dritte Beitrag, Sabbath Morning at Sea, ist eine differenzierte Elgar-Erkundung. Das Lied thematisiert die Einsamkeit auf hoher See, die nur in schwärmerischer Religiosität Trost finden kann. Weit ausschwingende Gesangslinien und der hymnische grandioso-Aufschwung zeigen Elgar auf der goßen Höhe seiner Kunst. Das vierte, Where Corals Lie, ist wieder einfacher. Strophisch aufgebaut wie Lieder Nr. 1 und 2, spricht es in Metaphern von der lockenden Gewalt des Meeres. Garanča singt mit abgründig klarem, abgründig ruhigem und vornehm gezügeltem Mezzosopran. Ihre Interpretation ist von beklemmender Schönheit.

Das fünfte Lied, The Swimmer, ist wie Nr. 3 szenisch aufgebaut, und noch dramatischer.

Elgar orchestriert bis auf die genau gesetzten Ausbrüche sparsam. Die Staatskapelle Berlin unter Daniel Barenboim setzt Elgars Intentionen mit skrupulösem Engagement um.

Die Orchesterlieder sind Teil eines kleinen Elgarzyklus der Staatskapelle und wären eine Alternative zu den oft gehörten Vier letzten Liedern von Strauss oder den allgegenwärtigen Mahlerliedern. In Berlin hat die großartige Christianne Stotijn die Sea Pictures vor Jahren mit dem DSO gesungen.

Wenig hörenswert ist Die Rheinische von Schumann, deren pauschaler Schwung nicht überzeugt. Es wurde doch wohl kaum geprobt. Wenn ich es bedenke, war diese 3. mit großer Wahrscheinlichkeit das Schlechteste, was ich je von Barenboim gehört habe. Debussys großem La Mer ergeht es besser. Das An- und Abschwellen der Wellen wird in mächtigen Klang gegossen. Nicht umsonst bringen Barenboim und die Staatskapelle Debussy in den Höhepunkten Alban Berg erregend nahe.

Besuchtes Konzert: Staatsoper Unter den Linden.

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