Ist der Wettergott Wagnerianer? Schwer zu entscheiden. Das pralle Ostersonntagswetter hindert normalsterbliche Wagnerianer in Berlin jedenfalls nicht am Besuch der vorletzten Festtage-Vorstellung.
Mich auch nicht. Willkommen in Barenboims nächtlich dunklem, mit furtwänglerhafter Intensität aufgeladenem Opernreich.
Dass Burkhard Fritz heute einen virilen und sensiblen Stolzing singt, nachdem Klaus Florian Vogt am vorigen Sonntag noch einen jungenhaft lyrischen sang, ist nur zu begrüßen. Was wäre die Oper ohne Vergleiche der unterschiedlichen Stimmen, Temperamente, Herangehensweisen? Fritz hat Phrasierung und Textdeutlichkeit, hat kluges Piano und vorzeigbare Höhe und singt auch noch mitreißend sorgfältig. Nur romantischer Glanz fehlt, und es gibt darstellerisch flinkere Opernsänger. In der Schusterstube erwischt ihn ein Aussetzer, das Preislied auf der Festwiese klingt dann eher tastend als siegessicher. Dennoch eine Interpretation, die zufrieden macht.
Bei den anderen Wagner-Spezis gibt es im Vergleich mit den zwei vorangegangenen Festtage-Vorstellungen keine Änderungen.

Hans Sachs, der große Verzichtende, wird von Wolfgang Koch immer lässig, immer subtil, bei Bedarf mit ironischem Aplomb gesungen. Darüber hinaus packt Koch den Wahn mit heller Darsteller-Intelligenz am Schlafittchen, hat noch Saft und Kraft für die Festwiese und fungiert überhaupt als ein einziges großes, wandelndes Wagnerorgan. Die Eva der famosen Julia Kleiter findet nach Wirrungen des Herzens ihren Meistersänger, während Martin Gantner mit potenter Stimme einen kaum karikierenden Beckmesser singt. Wagner-Urgestein Matti Salminen stellt einen honorigen Pogner auf die Pappelbaum-Bühne und ist trotz Alters-Rauheit noch bei dröhnender Stimme. Bei Siyabonga Maqungos David rennen sogar Skeptiker zu Wagner über. Katharina Kammerloher ist eine schmucke Magdalene, singt im Quintett reich und wohltönend (irgendwie höre ich sie heute besonders gut, sitze links).
Einen Ehren-Meistersinger-Platz gebührt heute Abend Franz Mazura als Schwarz, der am Ostermontag 95 Lenze alt sein wird (heute im Rollstuhl, da gefallen). Ihm zur Seite halten Graham Clark (Vogelsang, mit durchdringend heller Stimme), Siegfried Jerusalem (Zorn, noch mir Pepp in der Höhe), Reiner Goldberg (Eisslinger) und Olaf Bär (Foltz) deutsche Ehr‘ und bied’re Sangeskunst hoch. Jürgen Linn spielt den Kothner wunderbar umständlich pompös, ist vokal aber ein ziemlich wolliger, unebener Bassbariton. Die weiteren Meister singen Staatsopern-bewährte Kräfte, den Nachtigall Adam Kutny kraftvoll, den Moser Florian Hoffmann und den Ortel Arttu Kataja. Erik Rosenius ist ein jugendlich-schwarzer Nachtwächter.
Nun aber zur Berliner Staatskapelle. Die transformiert Barenboim-Feuer in Wagner-Feuer, übersetzt Wagners Geheimnis in strömendes Cantabile und drängenden Klang, legt Mittelstimmen (immer wieder der Celli!) frei. Voller Wärme, voll intimem Atems stellen die Musiker an den Pulten Details heraus, ganz als wären es plötzlich geöffnete Fenster, die den Blick auf Wagners Herz bestürzend freigeben. Die Interpretation ist dicht und intensiv, die plötzlichen Beschleunigungen ergeben packenden Sinn. Das Vorspiel zum ersten Akt funkelt satt und kraftvoll, ist langsamer als vor Wochenfrist, und überhaupt dirigiert Daniel Barenboim so dramatisch und detailsatt, wie man es von ihm gewohnt ist. Die Festwiese entfacht sozusagen metaphysischen Trubel. Schön auch, wie Barenboim die polyphonen Passagen zusammenhält und zu Entladungen treibt, zumal der Chor vom Eingangschoral bis zum Wacht-Auf-Ruf immer auf dem Posten ist. Tippitoppi.
Im Publikum nicht mehr ganz so viele Liebhaber wie vor einer Woche, aber immer noch sehr gute, aufmerksame Hörgemeinde.
Von Maria Ossowski gibt es einen fünfminütigen Radiobeitrag zum Geburtstagskind Franz Mazura.
Foto: Bernd Uhlig
Meine Kritik zur Vorstellung mit Vogt, Bericht von Hundert11 zur Vorstellung am Gründonnerstag.
Hätte ich mir fast denken können dass Schlatz da war.
Manchaml versteh ich die Berliner Opernhäuser einfach nicht.
Zwei Mal innerhalb der letzten acht Tage lagen Parsifal und Meistersinger an Dt. Oper und Staatsoper auf dem selben Termin. Kenne genug Bekannte die gerne beide Opern besucht hätten aber da die Intendanten keine Termine abstimmen guckt der Wagnerfan in der Hauptstadt in die Röhre.
Es war auch beileibe nicht das erste Mal dass eine solche Überschneidung passierte!
Parsifal gestern an der DO soll leider ziemlich leer gewesen sein
So schneiden sich die Opernhäuser ins eigne Fleisch
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Eigentlich gibts doch die Opernstiftung unter anderem, um sowas zu vermeiden. Wenn die Buden rappelvoll wären, gings ja.
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Bei der bescheuerten Inszenierung kein Wunder, soll aber musikalisch wohl sehr gut gewesen sein. Aber wer erträgt auch dieses Gedudel
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Apropos Intendant, interssanter war die Unstimmigkeit zwischen Barenboim und Schulz bei der Ansprache für Mazura. Barenboim war sichtlich verstimmt dass Schulz mit Blumen und kleiner Rede vorpreschte und Dany hielt dann auch die viel bewegendere Ansprache. Sprechen die sich nicht ab? Ich mein, soll Schulz doch den Barenboim vorlassen, der arbeitet schon seit 40 Jahren mit Mazura zusammen, Bayreuth etc.
Saß Anna Netrebko nicht und er rechten Proszeniumsloge? Ich kann mich auch täuschen, meinte aber gehört zu haben, dass sie trotz gecancellter Konzerte noch in Berlin ist.
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A. N. in Berlin, Sophienkirche im Hintergrund
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1a Internetrecherche…
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Echt super. Beim Verkauf von der SO Warenkorb voll gehabt, dann hakt die Seite, nichts geht mehr, neu eingeloggt und ganzer Warenkorb leer. Alles noch mal neu bestellen, natürlich mit schlechteren Plätzen. Danke, Staatsoper.
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Die Seite hat ihre Macken. Versuch mal die Besetzungsänderungen zu finden
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Gibts die überhaupt.Na wahrscheinlich aus guten Gründen….Leider habe ich an der DO wieder reingeschaut, neugierig wie ich bin. Hatte mir Donnerstag noch ne Karte für den Rigoletto gekauft, dachte Brück sagt mal nicht ab, und was war gestern Mittag….. richtig, werde mir wegen ihm keine Karte mehr kaufen, diese ständigen Absagen nerven,,,,,,,,,,
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Überlege, am Dienstag zu gehen.
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Unbedingt gehen grodsartig
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Jetzt noch etwas korrekter, war vom Smartphone aus dem Rosati.
Sollte der Meo Dienstag singen, unbedingt… wieso ein Bariton in dem Alter so wenig bekannt ist, mir ein Rätsel. Allerdings noch Brück bisher, den ich sehr schätze, aber Meo besser. Yijie Shi war die nächste positive Überraschung, desgleichen. Gianluca Buratto genauso, als Sparafucile…. Fr. Slagg großartig, obwohl ich Fr. Tsallagova beeindruckender finder
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Wie es bisher aussieht, singt wohl „leider“ doch Brück….
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Jetzt singt Brück doch nicht, der Meo aber ja
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Ist mir vor zwei Jahren passiert, als die Seite ganz neu war. Ich saß am Vorverkaufstag Punkt 10 da und hab zwanzig Minuten lang probiert, mich mit der Staatsopern-Card einzuloggen, bis ich merkte, dass ich die ganze Zeit den Abo-Button statt den Card-Button probiert habe.
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Wahnsinn, Philharmoniker-Saison ohne Nelsons.
Und Petrenko zwischen September uns Silvester kein einziges Mal in Berlin.
Ansonsten viel Abgespieltes….. Sacre, Feuervogel, Daphnis Chloe, Verdi Requiem, Symph0nie Fantastique, Fidelio was ich fünf Mal pro Saison in Berlin hören kann
Haben die keinen Intendanten?
Eötvös , Roth und dieser Rouvali fast das faszinierendste Programm.
Die Langweiler sind vorne mit dabei: 2 Mal Järvi, 2 Mal Mehta
PEtrenko aber gar nicht so schlecht, Suk Sinfonie, Strawinsky Symponie in 3 Sätzen
Und nach Mitte April ist der Petrenko dann auch weg.
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Hab ich ganz vergessen, dass die heute die Saison veröffentlichen.
Im Prinzip stimme ich zu. Aber bis nächste Saison ist P. noch in München aktiv.
Auch Gilbert, Bychkov, Barenboim, Gergiew, Haitink sind nicht mehr dabei. Dass Brahms komplett fehlt, finde ich nach den Zyklen von DSO und St.kapelle eher beruhigend.
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Petrenko doch eher enttäuschend. Neunte, unter Rattle oft gespielt, dann auch noch unter dem Motto Freude… Kulturbeflissenheit lässt grüßen… Gähn. Nein, find ich schlimm. Rachmaninow Tänze, hat Rattle bestimmt drei Mal in den letzten Jahren gespielt. Zimmermann ist grad auch nicht unterrepräsentiert, Stichwort Musikfest.
Mahler geht immer, ist jetzt aber auch überhaupt nichts neues nach der Ära Rattle.
Mal 2 Jahre keine Sinfonie Nr. 8 von Bruckner spielen wäreübrigens auch gut, die verstopft immer das Programm für drei andere Werke, aber Mehta bekommt natürlich was er will. Ach ja, Nr. 8 hat Mehta vor ein paar jähren schon mal dirigiert. Gähn…
Und EINE Uraufführung pro Saison? NUR eine? Da waren wir unter Rattle auch schon mal weiter.
Nee, also so wird das nichts mit einem aufregenden Neustart.
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Na, so schlimm ist es auch nicht. Aber vom Hocker reißt das Programm mich auch nicht. Fidelio als Oper find ich genauso überflüssig wie ich damals Rattles Tosca fand. Aber Don Quixote mit Mehta wird doch sicherlich hörenswert?! Thielemann leider mit der Rosenkavaliersuite, ich hab seit einiger Zeit eine Allergie gegen Opernschnipsel im Konzertsaal. Hrusa aber doch ganz gut mit Bartók, dem schönen Othello von Dvorak und diesem Kabelác, oder? Und nichts gegen Gerhaher, aber gefühlt hört man ihn jedes Jahr mit Mahlerliedern. Lustig auch, dass Petrenko just wieder mit dem 3. Konzert von Beethoven auftaucht, mit dem er 2009 hier debütierte und das er seeehr langweilig dirigierte, Beethoven und Petrenko ist ein Kapitel, das erst noch geschrieben werden muss. Und mindestens ebenso lustig, dass er 1 Woche später die Mahler 6. dirigiert, vor der er 2014 die Hosen voll hatte und absagte. Ist der Gergiew eigentlich mit Matsuew verheiratet?
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Da läuft dann aber etwas gewaltig schief wenn die Konzerte der Nobodys die interessantesten werden statt die mit dem Chef. Jaja Gergiev und Matsuev ist wie Trebs und Yusif machen alles zusammen :-)
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