Matthias Goerne singt im Kammermusiksaal. Daniil Trifonow begleitet.
Das Programm kann exzentrisch genannt werden. Der Abend kreist die Themenschwerpunkte um Schlaf, Schwermut, Tod, Nacht.

Nur zu Schumanns allbeliebter Dichterliebe hellt sich die Stimmung auf.
Die ruhigeren der sechzehn Lieder gelingen am eindringlichsten. Erstaunlich langsam hebt Im wunderschönen Monat Mai an, Goerne wagt besonders viel Innigkeit. Ähnlich dann Ich will meine Seele tauchen, die Grenze zur Biedermeierbetulichkeit ist fließend, der schlaksige Trifonow ist hier übrigens immer wieder einen Ticken schneller als Goerne. Der verhaltene Ton von Am leuchtenden Sommermorgen liegt dem deutschen Bariton. Der will emotionale Tiefe. Aber er drosselt auch das Gefühlstempo der Lieder.
Den kraftvollen Stücken (Ich grolle nicht, Im Rhein, im heiligen Strome) fehlt so die lapidare Wucht. Ganz in die hauchige Halbstimme verlegt, gewinnt Ich hab‘ im Traum geweinet eine hypnotische Präsenz. Die Interpretation ist von Larmoyanz nicht frei. Und Heines Ironie muss sich im Klangstrom der mächtigen Stimme erst einmal behaupten (Ein Jüngling liebt ein Mädchen).
Daniil Trifonow spielt schmucklos, sorgfältig, manches Mal auch ein Piano überspielend. Sachlich und glühend zugleich die einleitenden Sechzehntel von Im wunderschönen Monat Mai, herzzerreißend die von der rechten Hand zwischen Kantilene und Einzelton evozierte Spannung in Ich will meine Seele tauchen. Wundervoll der Beginn von Hör ich das Liedchen. Unüberbietbar in seiner Klarheit das Nachspiel zu Die alten bösen Lieder.
Die Drei Michelangelo-Liedern von Hugo Wolf geraten zu gedankenschweren Monologen. Wagners Hans Sachs ist im grüblerischen Fühlt‘ meine Seele nicht fern. Thematisch schließen sich die drei Lieder aus Schostakowitschs Michelangelo-Suite (Dante, Tod, Nacht) nahtlos an. Der Sänger gestaltet mit bedrängender Intensität und großem Ton. Brahms‘ biblisch inspirierte Vier ernste Gesänge sind nicht nur Wehmutslieder, sie sind auch Exerzitien wehmutweicher Innerlichkeit.
Matthias Goerne, inzwischen 51 Jahre alt, singt mit voller, warm vibrierender Stimme. Die Textur ist weich, der dunkle Ton will den Zuhörer umarmen und überwältigen. Die Farbpalette ist voller erdiger Töne, das Legato üppig. Seine Phrasierung ist sorgfältig bis zum Kunstvollen. Für meinen Geschmack rückt die Gefühlsdarstellung auf Kosten genauer Deklamation zu sehr in den Vordergrund.
Nicht nur ist das Programm exzentrisch. 30 Lieder ohne Pause zu singen ist es ebenfalls. Applaus wird durch direktes Anschließen der jeweiligen Liedgruppen unterbunden. Doch was der Abend solchermaßen an thematischer Stringenz gewinnt, verliert der Zuhörer an Konzentration.
Die Zugabe: Bist du bei Mir aus Bachs Notenbuch für Anna Magdalena Bach, samtigsatt vorgetragen.
Weitere Kritik: Ein erschütternder Liedklavierabend (M. Brug)
„Für meinen Geschmack rückt die Gefühlsdarstellung auf Kosten genauer Deklamation zu sehr in den Vordergrund.“ Ging mir bei meinen letzten Goernes ein bisschen ähnlich – und bei einem Trifonow-Schubert vor paar Jahren auch schon mal. Großartige Musiker natürlich dennoch.
Da sprechen sie auch was Richtiges aus: „Doch was der Abend solchermaßen an thematischer Stringenz gewinnt, verliert der Zuhörer an Konzentration.“ Wenn Abende vom Konzept her gedacht werden, nicht vom Fleisch des Geistes.
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Zum Tode fällt mir nur eins ein : Ich sitz‘ in einer Vorstellung vom Maskenball in der deutschen Oper. Irgendwo nach der Erkennungsszene (chi ? Amelia ?) gibt es eine Generalpause, da schreit die Soufflleuse : „Morte“, und Pieczonka, Dupuis und all die andren haben gar keine andre Wahl als zu singen :“ Morte“, und Oscare namens Elena Tsallagova ruft : Regina sarete !
Der Tod ist eine Generalpause. Scheints.
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oder so :
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eine alte Probe eines großen Dirigenten :
con eleganza
non siete contadini, gentlemen, gentlemen
31:56
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31:40 per essere corretto
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