Wiederaufnahme Der Troubadour an der Staatsoper.
Liebe, Hass, Rache und die Allgegenwart des Todes, das ist der Stoff, aus dem Der Troubadour ist, Verdis finsteres Nachtstück von 1853. Das war dem Regisseur Philipp Stölzl offensichtlich zu plan. Stölzl kapituliert vor dem berühmt-berüchtigten Libretto und konterkariert das düstere dramma lirico mit der geheimnislosen Taghelle seines Bretterbudenwürfels. Verdis Leidenschaften erstarren zu Gesten von Spielzeugfiguren, und
die Figuren werden auf ihre Klischees reduziert. Das geht nur halbwegs gut. Denn die gute, alte Regietheater-Weisheit aus These (Verdis düstere Glut), Antithese (Stölzls Zweidimensionalität), Synthese (packendes Musiktheater) funktioniert hier nicht. Die Wiederaufnahme bietet ein gutes Ensemble, in dem die Frauen besonders glänzen.

Im Mittelpunkt der schlimmen Geschichte steht die schöne Leonora, bei Stölzl ein gemästeter Singapparat im bauschigen Karo-Kleidchen und Puppen-Weißblond. Ljudmyla Monastyrska ist anfangs (Kavatine Tacea la notte) noch nicht recht bei Stimme, agiert aber dann imponierend stimmpotent. Ihr Sopran funkelt dunkel und herb. Farbglühend, aber auch mit dramatischer Kraft führt sie ihn durch die Ohrwurm-Melodien. Die verzierten Passagen meistert sie viel besser als Netrebko vor zwei Jahren, nach der Pause ist Monastyrska eine Leonora, die die Seelenqualen, die dieses unglücklichste aller Verdischen Frauengeschöpfe erleidet, beglückend vollkommen in Gesang abbildet.
Die Klampfe auf dem Rücken und die Mähne vom Winde verweht, so singt Stefano La Colla den Manrico, erfrischend jugendlich im Lyrischen und wirkungsvoll durchschlagend im Dramatischen. Schade, dass die Höhe nicht intonationssicher klingt, auch die ungeschmeidige Kraft forcierter Spitzentöne überzeugt nicht immer. Vom verditenoralen Schaustück Di quella pira gibt’s nur eine Strophe (wie schon im Mai beim Troubadour an der Deutschen Oper, aber naturalmente mit hohem C), aber das singt La Colla stürmisch, wenn auch nicht wirklich subtil.
Der böse Unhold Luna, gesungen von Wladislaw Sulimski, bietet intensives, herrisches Timbre ohne allzu viel italienisches Legato. Die Phrasen lodernden Hasses liegen ihm besser in der Kehle als das balsamische Il balen del suo sorriso, das Sulimski angespannt und monochrom wie eine knurrende Bulldogge singt. Fehlt von den Hauptpersonen noch die Azucena von Violeta Urmana, die als wild zerzauster Rotschopf die Abgründe der Figur mit dramatischer Energie ausleuchtet, wobei sie in Alt-Tiefen hinabsteigt, die fast ins Virile hineinreichen.
Grigori Schkarupa singt einen schlagfertigen Ferrando. Den Ruiz, Manricos rechte Hand, verkörpert Linard Vrielink. Die Ines von Corinna Scheurle – mit bombenfest sitzender Haarsäule – klingt ein bisserl nervös. Der lanzenbewehrte Kriegerchor des Conte Luna tritt in strengem Velázquez-Schwarz auf. Manricos pittoresk verfilzte Truppe schwingt Baseballschläger. Großartige Chorfinales wie in anderen Verdi-Opern gibt es in Il Trovatore nicht. Nicht alles, was heute Abend vom Chor kommt, wird genau gesungen.
Eun Sun Kim muss ihren Weg zu Verdis Finsterwelt noch finden. Sie dirigiert mit Übersicht und Sorgfalt und mit zu zaghafter Hand. Später kommt dann ein Fünkchen Verdi-Feuer auf. Bedrohlich und temperamentvoll klingt die Staatskapelle nur selten. Der Klang tendiert zum Hölzernen. Rhythmische Klarheit wird verwischt. An der Koordination von Bühne und Graben hapert’s einige Male. Aber schöne lyrische Stellen.
„gemästeter Singapparat“ und „knurrende Bulldogge“, ich lach mich schlapp, da hätte ich gerne Mäuschen gespielt.
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Die Bezeichnung fand ich auch Klasse, scheinbar zutreffend, wenn man sich die Bilder anschaut. Vor allem stelle ich mir vor, wenn Sartori mit seinem Umfang da noch so auf der Bühne in diesen Kostümen gestanden hätte…… deshalb hat der vielleicht abgesagt
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Was?? Wenn die Kim nicht erfrischend war weiß ich auch nicht …
Auch sonst kann ich nicht klagen – La Colla echt toll auch Monastyrska Urmana hört man das vorgerückte Alter an
Der Conte erinnerte mich an Chvorostovsky
Die sichtbehinderten Plätze 3. Rang gehen nicht grade weg wie warme Semmeln – – die erste Reihe fein säuberlich besetzt danach wird es dünner Da fehlen wohl die Touris
Aber Parkett ist immer voll egal was kommt.
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Ja, klingt schon gut. Aber bei Hvorostovski und Luna muss ich zwangsläufig an sein im Nähmaschinen-Takt ratterndes Ah! dell’indegno rendere aus dem Duett im 4. Akt denken, ebenfalls MET, mit Trebs. Da ist dann aller Verdi-Stil hinüber.
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Ich geh noch einmal rein. Mal sehen, ob mir der La Colla besser gefällt. Kim fand ich OK bei Madama Butterfly, bei noch was anderem nicht mehr ganz so gut, aber bei Troubadour hat sie das Niveau runtergezogen, aber sie ist jung, soll sich entwickeln. Bleibe aber dabei, dass ich Piazzola schmerzlich vermisst habe und Sartori auch. Sartori ist alles andere als ein Psychologe und eben darum bei Troubadour goldrichtig, wo Verdi diese schematisierten Typen (fast als wären es Allegorien des Hasses, der Liebe etc, das geheime Barocke des Troubadour…) hinstellt.
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Gestern noch dringewesen. Alle Sänger waren umwerfend wobei La Colla einen rundum guten Abend ohne Schwächen hatte, sehr beeindruckend, Intonation war auch picobello, Monastyrska traumhaft, schwebende Pianissimi vom Feinsten, herrliche Farbe und irgendwie wara lles schon mit der ersten Note da, würde mich nicht wundern, wenn bei der Wiederaufnahme alle noch etwas nervös waren :-) Auch Corinna Scheurle hat mir gut gefallen. Bei Urmana muss man gewisse Abstriche machen aber wenn man das Alter bedenkt war sie unglaublich. Sulimski als Conte Luna auch beeindruckend der zählt halt nicht zu den Schönsängern.
War mach meinem Empfinden quasi ausverkauft
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