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Auch Operninszenierungen gehen den Weg alles Zeitlichen. Nun ist der Neuenfels-Troubadour an der Reihe. Premiere 1996, Dernière 2018. 22 Jahre sind keine schlechte Lebenserwartung für eine Verdi-Oper. Nun also sitzt man zum letzten Mal beim Kaffeekränzchen – oder soll man sagen Leichenschmaus? – bei der alten Dame Troubadour.
Was die Inszenierung ist, was sie kann und was nicht, dies erklärt immer noch Heinz Josef Herborts mit seiner bis ins Detail heute noch gültigen Premierenkritik „Der Schlächter in uns“ am besten.
Interessiert nimmt man einige Punkte zur Kenntnis. Neuenfels‘ Bilder sind immer noch gestochen scharf. Die Personenregie ist immer noch bestechend markant. Der Atem dieser Inszenierung ist noch heiß (Nur die letzten beiden Bilder fallen ab, indem sie auf einseitige Drastik setzen). Die Kostüme sind kühn verknappt (Velázquez-Röcke) und so sprechend (Männerchor) wie sinnfällig (Stierkämpfer-Trachten).
Die Verdi-Tage 2018 an der Deutschen Oper sind in vollem Gange. Die Besetzung dieser Brüderhass-Oper, in der die blutbeladene und mysteriöse Tenor-Sopran-Bariton-Dreiecks-Geschichte um eine tiefblutrote und mysteriöse Mutterkomponente erweitert wird, ist erstklassig.
Die Leonora der Angela Meade zeigt ein auf behutsames Portamento aufbauendes Legato, zeigt Gefühl für die weitgespannte Architektur einer Arie (Tacea la notte). Jede der Arien gelingt außergewöhnlich – mit der Einschränkung, dass es in D’amor sull’ali rosee nicht immer einfach ist, auf Anhieb zwischen Vibrato und Triller zu unterscheiden – ein kleiner, aber feiner Nachteil -, und dass es in dieser Prachtarie an letztem Ebenmaß und Finish mangelt. Doch einige der hohen Piano-Phrasen klingen berückend (schönes Piano-Des, wenn auch abgesetzt). Dramatische Präsenz hat dann Mira, di acerbe lagrime, und ihr tiefes Register hat suggestives Volumen. Frau Meades Stimme besitzt Feuer, Lyrismus und Drama. Kurzum: Angela Meade ist ein für Il Trovatore bestens geeigneter lirico spinto mit überzeugender agilità (sehr schön: Di tal amor).

Troubadour Manrico Murat Karahan nimmt durch helles Timbre, verschlankt-männlichen Klang und schöne Registerwechsel ein. Macho-Einfärbungen sorgen für das Salz in der Tenor-Suppe und stören nicht weiter (Mal reggendo, Di quella pira). Karahan singt ein nuanciertes, gut phrasiertes, dynamisch sorgsames Ah, sì ben mio (schön auch die Holzbläser) und ebenjene Cabaletta Di quella pira schließt mit umjubeltem, gehaltenem hohem C, wobei Karahan alles andere als ein Brüllheini ist, denn er setzt die Voix mixte oft und geschickt ein. Die Kehrseite der Medaille ist, dass Karahan wie vor zwei Jahren nur eine Strophe von Di quella pira singt, siehe hier.
Prima inter pares ist Anita Rachvelishvili, die als Azucena ein fesselndes Porträt liefert. Ihre Energiereservern scheinen unversieglich. Sie ist mit Leib und Seele leidende Mutter und bedrohte Frau und steigt in Stride la vampa bis zum furiosen B hinab. Ihre Brusttöne werden mit aggressiver Energie gesungen, ohne rostig zu klingen, ihre Höhe ist mitreißend. Die Rolleninterpretation der Georgierin erfasst alle Pole dieser komplexen Verdi-Figur: Drama und Wärme, brutale Kraft und Zartheit. Anita Rachvelishvili dürfte die derzeit beste Azucena sein.
Für den Luna bietet Simone Piazzola eine körnige Textur, volles, rauchiges Timbre, den drängend männlichen Klang eines erbarmungslosen Soldaten und rauen Liebhabers (auch wenn er bei Leonora nicht zum Zug kommt). Die Prachtarie des Luna, Il balen del suo sorriso, in der schmerzlich eingedunkelte mezzavoce-Töne nicht fehlen, lebt von Piazzolas Impetus, seinem noblen, von deklamatorischen Akzenten – was durchaus die Rollenidentifikation fördert – belebten Legato.
Den Ferrando singt Marko Mimica, dessen schallstarkes Racconto von dramatischer Verve erfüllt ist, den Ruiz verkörpert Burkhard Ulrich anrührend sorgfältig (ganz besonders im 4. Teil, Siam giunti!!!!). Nicht weniger auffällig die kraftvoll mitreißende Inez der Alexandra Ionis. Gut einfügen in ein ehrenwertes Ensemble tun sich Hong-Kyun Oh als Zigeuner und Sungjin Kown als Bote.
Dirigent Giacomo Sagripanti jagt die schauerliche Geschichte nicht einfach durch die Ohrwurm-Pastapresse. Sagripantis Dirigat hat Maß, lässt Raum, hat das Händchen für den Ausgleich zwischen heißem Drama und Vergangenheitsbeschwörung, er hat Gefühl für Massenverteilung und die bei Verdi erforderliche Ruhe. Das Tempo tendiert zum Besonnenen, was keinesfalls zum Schaden der Aufführung gerät, kennt aber auch nervig-nervöses Pulsieren. Die Koordination zwischen Graben und Chor ist freilch verbesserungswürdig. Dennoch ist es ein erfreuliches, rundum zufriedenstellendes Dirigat. Keine Mätzchen, kein Leerlauf, einfach nur niveauvolle Qualität. Der Chor der Deutschen Oper hat immer mal wieder mit den vertrackten, zerrissenen Melodielinien zu kämpfen.
Meine Kritik von Rigoletto an den Verdi-Tagen 2018 der Deutschen Oper Berlin
Kritik der Premiere 1996: „Der Schlächter in uns“ (Heinz Josef Herbort)

Ja ja und nochmal ja. Fand das so überragend, dass ich Samstag noch mal gehen werden, obwohl am Sonntag dann den Maskenball
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Sie sind ja früh auf am Feiertag.
Ja, ich war auch beeindruckt, als Ganzes und im einzelnen war die Aufführung deutlich besser als der Netrebko-Trovatore vor zwei Jahren an der Staatsoper. Würde auch am Samstag noch mal rein, aber ich bin nicht in Berlin am Wochenende.
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Tja, früher Vogel…. obwohl ich erst um 1 zu Hause war. Waren noch im Rosati, dort feierten Piazzola und Karahan Karahans Geburtstag heute.
Oh, dann nicht den Maskenball, der soll auch irre sein. Nen Bekannter hat alle 3..
Dann viel Spass ausserhalb Berlins :-))
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Um noch mal auf den Chor zurückzukommen. Der gibt mir auch Rätsel auf. Es gibt Aufführungen, bei denen er einfach grandios ist und dann wieder solch Hänger. Soll wohl auch im Maskenball so sein.
Wollen die Ihren neuen Chef auf wieder vergraulen, wäre ja nicht das erste Mal und überschätzen die sich nicht??
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Eine maßstabsetzende Interpretation in beinahe jeder Hinsicht. Kleinere Schönheitsfehler wie von Ihnen berichtet beeinträchtigen nicht das hervorragende Gesamtbild. Der Manrico endlich einmal kein Schreihals, die Leonora den Anforderungen gewachsen, ein Luna ohne jede Schwäche, eine Azucena, die keine Wünsche offen lässt.
Saßen Sie zufällig Reihe 10 links?
Wer nicht drin war, sollte für Samstag eine Karte kaufen.
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Ne habe mich in die 14.li vorgeschummelt, sitze sonst in der 23.li. Vielleicht haben Sie mich und den Bekannten bravi brüllen hören.
Ja wirklich, das sollte man sich nicht entgehen lassen
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waren diese beiden vollschlanken älteren Herren :-))
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OK, dann Verwechselung!
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Grins,
wenn er nett aussah :-))))
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O Mann, das klingt gut. Jetzt heißt es Samstag Thalheimers Endstation Sehnsucht am BE oder doch Troubadour. Hmm.
Ist es wirklich Komplett-Derniere? Auf der Webseite der DO steht nur „Letzte Vorstellung in dieser Saison“.
Gibt ja noch jede Menge Karten, wie schade bei diesem Niveau, das Sie beschreiben. https://deutscheoperberlin.eventim-inhouse.de/webshop/webticket/seatmap?eventId=6709
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Muss nen Fehler sein, habe ich auch gesehen. Lt. allen anderen Ankündigungen die letzte Aufführung.
Na am BE die Aufführung wird es ja wohl noch öfter geben, also dürfte es keine Überlegungen geben :-))
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Ja mit den Karten ist das wirklich merkwürdig. Für diese tollen Aufführungen, sehr merkwürdig.
Ich denke dabei auch immer an die beiden Salomes. An der DO genauso eine bescheuerte Inszenierung wie an der Staatsoper. An der DO musikalisch auf alle Fälle wesentlich besser und in beiden Aufführungen jeweils höchstens 400 Zuschauer, und an der Staatsoper 6 oder 7 ausverkaufte Aufführungen bei diesem Gruselkabinett
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Oh, da werde ich ja neidisch: schade, dass ich nicht in Berlin bin!
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Ich bin froh dass dieser lächerliche Troubadour verschwindet und das opernliebende Berliner Publikum eine dieser verkopften Regie-Theater Sachen los ist. Die Inszenierung des Herrn Neuenfels ist ganz einfach unsäglicher Schwachsinn ohne tiefere Bedeutung. Da hat jemand auf gut Glück gnadenlos an Verdi und seinen Intentionen vorbeiinszeniert.
Ja was will der Regisseur denn sagen wenn eine Horde sogenannter Revolutionäre die Gewehre schwenkt? Wenn man bei Verdi nachliest, steht da aber gar nichts von Gewehren. So ein Wunder!
Die unsäglich öde Mauer des letzten Bildes setzte nur das i-Tüpfelchen auf eine geistlose Inszenierung.
Weg und gut is.
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Ich finde die beiden letzten Bilder auch bescheuert, aber das letzte besonders. Aber trotzdem immer noch besser, als der in der Staatsoper.
Ich „geniesse“ ihn jedenfalls heute noch mal
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Auch die Vorstellung gestern war allererste Sahne. So muss Oper sein!! Verdi wie es nicht besser geht.
Jammerschade, dass der Trobadour abgesetzt wird.
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Na warten wir mal noch den Don Carlo ab, mit der überirdischen Fr. Harteros und dem übrigen Ensemble könnte die gestrige Aufführung noch übertroffen werden.
Der Dirigent heisst im Übrigen Benjamin Reiners, sorry…
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noch etwas zum Troubador, die beiden Damen warem am Samstag einfach zum Hinknien. Piazzola schwach, Karahan musste etliche Buhs einstecken von italienischen Besuchern ein paar Reihen hinter mir,, da er wieder nur eine Strophe sang…Aber ansonsten wirklich gut war, das Haus zu groß für die Stimme.
Aber was ich dann gerade erlebt habe, ist nicht von dieser Welt, Frau Harteros als Amelia, glaube keine Sänngerin dieser Welt übertrifft es, es war überirdisch. Grandios das übrige Ensemble. Sehr lobenswert das Dirigat von Benjamin Reimer, dem künftigen GMD in Kiel. Ein Name, den man unbedingt weiterverfolgen muss
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Die Buhs waren unangebracht. Man kann es auch übertreiben. Piazzola kam mir auch nicht so gut vor. Ich werde mir auch Don Carlo ansehen, auch wenn mir Don Carlo szenisch nicht zusagt. Traviata lasse ich aus.
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Habe ich auch nicht verstanden. Er war am donnerstag besser. Traviata und Nabucco schenk ich mir auch
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Der viel geschmähte Eyvazov hat an der Staatsoper an der Seite von Ehefrau Netrebko jedenfalls beide Strophen und ein sehr langes Hohes C gesungen und dafür viel Beifall bekommen
Was die Inszenierung angeht steht es 4:0 für Neuenfels. Stölzl kann da an der Staatsoper einpacken und sich trollen. Bei Stölzl kommt man in den zweifelhaften Genuss von modischem Schnickschnack ohne Leidenschaft, so dass man sich wundern kann dass Netrebko nicht ausgestiegen ist.
Von daher bin ich froh dass ich den Troubadour an der DO noch ein letztes Mal gesehen habe.
Bei Piazzola habe ich wieder einmal den runden Klang vermisst, fand ich aber damals an der Staatsoper schon.
Anna Netrebko und A. Meade haben beide ihre Meriten ich wüsste gar nicht welcher ich den Vorzug geben würde
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@beide Strophen
Wusst ich gar nicht mehr. Eigentlich reicht mir auch eine. Ist einfach interessant wer wie was singt. Eyvazow fand ich ja gar nicht übel damals. Hab ihn auch im Chénier an der Scala gehört (via Radio selbstverständlich), fand ihn auch ganz passabel. Etwas altmodisch vom Stil her, aber es gibt Schlimmeres…
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Wie ich gerade gehört habe, soll die Traviata gestern Abend überragend gewesen sein, gibt wohl Samstag noch eine. Grübel…….
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Hab die Dame auch gegoogelt und hab gedacht, oha, ist bestimmt gut. Bin am Wochenende leider wieder weg. Und Frau Agresta hat auch als Traviata einen Rückzieher gemacht.
Ich überleg noch, ob ich morgen in Don Carlo geh. Don Carlo finde ich immer recht lang, es fehlt das Brio. Die Besetzung ist natürlich erstklassig. Nabucco vielleicht noch nächste Woche.
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Ich gehe natürlich in den Carlo. Traviata überlege ich noch, denn sollte der Carlo so werden, wie erwartet, dann werde ich lieber nochmal den erleben wollen und 3 Tage hintereinander hält mein Rücken nicht durch :-))
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Hatte ich tatsächlich nie etwas dazu geschrieben ? Kann’s gar nicht glauben…
Ja, also, die Anita brachte das Haus zum Einsturz. Wann gibt es das noch schon ? Und der Tenor ? Na, ja, so wie immer. Gebrauchs-Manrico.
Angela Meade war schon toll in den due Foscari, und hier auch wieder. Wozu braucht man dazu eine Netrebko ?
Über den Bariton kann man sich streiten, der Piazzola kann wunderbare Kantilenen singen, dann fehlt ihm hier und da die Kraft. Wird vielleicht noch.
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der größte Bariton der letzten 50 Jahre :
es gibt keinen größeren als Piero Cappuccilli
finde ich
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Nennen Sie ein Wort, das garantiert in jeder der 26 Verdi-Opern vorkommt,
außer : donna, morte, iddio, amore
na ?
vendetta
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Heut hielt‘ mich einer auf der Straße an, er habe schon auf mich gewartet
warum ? sag ich ? ich singe den blöden Berlinern was vor
aber nicht um diese Uhrzeit, sagt der
aber grad um diese Uhrzeit, sog i
der trollte sich dann wie alle regelversessenen Berliner
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