
Brenda Rae vor liebeskranker Ariadne / Foto: Monika Rittershaus
Wiederaufnahme von Ariadne auf Naxos.
Charme und Längen des Werkchens sind untrennbar miteinander verbunden. Die Musik gehört stellenweise zum Strauss-Schönsten. Hans Neuenfels‘ äußerlich kühle, innerlich kluge Inszenierung wird mit jedem Mal Ansehen klüger und Neuenfels‘ Botschaft mit jedem Mal Anhören pessimistischer.
Leben und Geist, Zerbinetta und Ariadne, Opera buffa und Opera seria, sie kommen einfach nicht zusammen. Ariadne und Bacchus, sie singen aneinander vorbei.
An den Solisten liegt’s nicht.
Da ist der Komponist der feurigen Marina Prudenskaya, die sich mit durchschlagsstarkem Organ in die Herzen der Zuhörer singt, aber etwas vokal- und konsonantenfaul agiert – flinkes Parlieren und Sprechsingen ist bei der Ariadne einfach ein Muss. Da ist die spritzige Zerbinetta von Brenda Rae, die ihre delikate Kehle als Startrampe für ein Koloraturfeuerwerk aus glockenreinen Staccati nutzt. Überdies verfügt sie über einen biegsamem Sopran. Roman Trekel (Musiklehrer) ist eine charaktervolle, angemessen resignierte, an Haar und Kleidung gleichermaßen ergraute Erscheinung. Das ist der schneidend kalte Haushofmeister, den Elisabeth Trissenaar mit messerscharfer Schauspielerpräsenz spielt.
Da ist der virile Roberto Saccà (Weingott Bacchus), dessen o-beinige Silhouette köstlicherweise an John Wayne erinnert und der unsterblich in Ariadne verknallt ist. Da ist Anna Samuil, die einsame Ariadne, die die Todessehnsucht auf die Spitze treibt und den Bacchus mit ihrer fixen Idee zum Jenseits (Es gibt ein Reich, wo alles rein ist: Es hat auch einen Namen: Totenreich.) so sehr in die Verzweiflung treibt, dass er das Schlussduett aus dem Graben singt.

Stress mit dem Haushofmeister: Musiklehrer Roman Trekel versteht die Welt nicht mehr / Foto: Monika Rittershaus
Zu Brenda Raes Spaßtruppe gehören die schlimmen Finger Manuel Walser (Harlekin), Grigory Shkarupa (Truffaldin), Linard Vrielink (Scaramuccio) und Jonathan Winell(Brighella). Der pomadig goldige Tanzmeister ist Jürgen Sacher. Als Trio vocale im weißen Krankenschwesternlook singen Najade Evelin Novak (leuchtend), Dryade Natalia Skrycka (mezzomagisch) und Sónia Grané als Echo (sopransanft) die schönen Triostellen des Seria-Teils.
Vom Pult aus versorgt Eun Sum Kim die Musik mit Wärme und Beweglichkeit. Gerade kammermusikalisch blüht’s. Im Finale meidet Kim plakatives Pathos. Neuenfels hätte das gefallen. Gestisch scheint Frau Kim fokussiert auf Genauigkeit. Ihre Arme hebt und senkt sie wie Schweizer Uhrzeiger.
Weitere Besprechung von Ariadne auf Naxos an der Staatsoper Berlin:
„Lädiert“ (Hundert11 – Konzertgänger in Berlin)
Wenn die Aufführung am heutigen Samstag stattfindet, wie kann denn die Besprechung schon um 14:30 Uhr veröffentlicht sein?
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Sie liegen ziemlich daneben. Ariadne wurde am Freitag und wird heute am Sonntag gespielt, was ich zufällig weiß da ich die Vorstellung heute Abend besuchen werde
mfg Claudio
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Ganz großartige Vorstellung. Das ganze Ensemble spielt super, jede Geste sitzt, jeder Blick macht Sinn, jeder Schritt ist so gewollt. kein Schlendrian nirgendwo. Trekel als Musiklehrer, Brenda Rae, die „großmächtige“ Anna Samuil, Prudenskaya, Saccà, tolle Ensembleleistung und Neuenfels hat hier wirklich eine Meisterleistung abgeliefert, die Inszenierung ist so durchdacht und bewegend. Kann gerne die nächsten 20 Jahren Unter den Linden bleiben. Die junge Kim hat mir gut gefallen, viel besser als bei Butterfly, wo die Musi irgendwie suppig hin und herschwappte.
Ich überlege stark ob ich nächste Woche noch einmal gehe
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Dann wäre doch – nur der Korrektheit halber – das Datum der besprochenen Vorstellung sinnvoll.
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