
Eine Repertoirevorstellung gehobenen Niveaus.
Camilla Nylund: Nylunds Salome ist weniger Luder als ein Teenager mit einem altersnormalen Grad an selbstverliebter Extrovertiertheit.
Ihre Stimme brilliert in lyrischen Höhepunkten. Ihre Höhe hat Resonanz. Eine Schwäche liegt in der fehlenden Exzentrizität und Subtilität. Womöglich fehlt die allerletzte Vertrautheit mit der Sprache. Ihr Tanz stellt eine große Leistung dar. Hoppla, Frau Nylund reißt am Kopf des Jochanaan bzw. an dessen Zunge herum, dass mir ganz anders wird.
Joel Prieto: Für meinen Geschmack überakzentuiertes Spiel des Narraboth. Aber sein wohlgebildeter Segeltenor ist eine der schönsten Stimmen des Abends.
Okka von der Damerau: Habe ich sie wirklich nur im Bayreuther Ring gehört? Ihre saftige Höhe kommt mir so vertraut vor.
Birgit Remmert: angemessen hysterisch.

Gerhard Siegel: Die physische Wucht überzeugt. Siegel besitzt eine klassische Mime-Stimme. Aber. Für mich bleibt Reiner Goldberg der beste Herodes, den ich gehört habe. Staatsoper Berlin, 2008.
Albert Dohmen. Beim Jochanaan habe ich immer das selbe Problem: Aus dem Loch klingt einfach JEDER Bariton unvorteilhaft gedämpft, aber schallstark wie durchs Sprechrohr. Auf der Bühne höre man ihn endlich ungedämpft, aber immer scheinbar trockener als aus dem Loch. Ungeachtet dessen überzeugt Dohmen als Urchrist mit gewohnt schlechter Laune und schlagkräftigem, stämmigem Bartion.
Zubin Mehta baut seine derzeitige Berliner Präsenz weiter aus. Die Staatskapelle spielt heute Abend mit kräftigem Bronzeschimmer. Mehta meidet Krassheiten und schwelgt in krachender Buntheit. Die Staatskapelle posaunt. Das Quintett der Juden habe ich noch nie so nah an der Explosion gehört. Die Streicher schnurren wie ein Kater auf dem Kamin. Kurz, das Gesamtniveau ist enorm. Die Schlussakkorde aber kann man noch drastischer runterhauen.
Mehta at his best.
Der Vergleich zwischen der Dresdner und Berliner Staatskapelle war erhellend. Die Berliner spielten wärmer und mit mehr Risiko, die Dresdner sonorer und „schwerer“.
Mir persönlich gefiel der warme, weiche Sopran von C. Nylund sehr gut. Schließlich soll die Salome „gesungen“ und nicht „gekreischt“ werden. Ich kann mir gut vorstellen, dass dies auch im Sinne Strauss‘ wäre.
Die Inszenierung von Harry Kupfer ist immer noch quicklebendig und verdient immer noch Bestnoten.
Das Publikum dankte zu Recht mit Standing Ovations.
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Ich bewundere Camilla Nylunds Leistung und verstehe den Einwand des Kreischens, würde in Sachen Temperament und Timbre aber eher zu einer Salome tendieren, die von Evelyn Herlitzius ähem „gesungen“ wird. Auch im Wissen um die leichten Konditionsschwächen von Frau Herlitzius in der Höhe.
Evelyn Herlitzius ist übrigens übermorgen mit dem DSO in der Philharmonie mit der Schlussszene der Salome zu hören.
Hübsch übrigens auch Birgit Remmert und die sehr hörenswerte Besetzung der Juden und Nazarener (Tobias Schabel etc).
Mehta war in der Tat ein Genuss, auch wenn die konzertante Salome von Rattle 2011 noch gewagter war.
Grüße
A. Schlatz
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