Lothar Zagrosek dirigiert. Endlich höre ich das Orchester der DOB einmal in seiner ganzen Glorie. Helmut Lachenmanns Oper dürfte ein Meisterwerk sein. DOB-Boss Dietmar Schwarz gelingt ein Einstand mit Anstand.

Das Mädchen mit den Schwefelhölzern von Helmut Lachenmann ist wie Zen mit ein bisschen Karate. Eigentlich kennt man das: abrupter Minimalismus, isolierte Aktionen, Vorliebe für Geräusche, Handlungs- und Textlosigkeit (Ich versteh nix). Dennoch, die Musik von Das Mädchen mit den Schwefelhölzern ist unverwechselbar durch eine spezielle Art hellen, holzigen Timbres, durch verschachtelte Dynamik, federleichte Präzision und spröde Durchsichtigkeit der Textur. Kein Takt Langweile. Ein reines Vergnügen bereiten die nahen Streicher in den Emporen, die sichtbaren Chorsolisten und die Bläser des zur Gänze einsehbaren Orchesters. Gelungene Klangregie (Aline Champert).

Meine Lieblingsstellen sind jene, in denen der einwandfrei agierende Chor zu diesen weißen Styropor-Dingern greift und sie aneinanderreibt und natürlich jene zwei, drei gloriosen Trompetenstellen vor fahlem Orchester.

Die Inszenierung (David Hermann), die voller Meriten steckt – vielschichtige Personenführung, assoziative Unübersichtlichkeit, doppelbödiges Bühnenbild -, übertreibt es gerne mal mit Bedeutungshuberei und Leidenschaftslosigkeit – doch nie allzu lange und nie allzu sehr. Die Solosoprane Hulkar Sabirova und Yuko Kakuta glänzen.

Einhelliger Zuspruch des gebannten Publikums, zuerst sicherlich für Lachenmann, doch ebenso für Zagrosek, Orchester, Chor und Solisten sowie nicht zuletzt für die Inszenierung.

Anscheinend hat die Deutsche Oper im Lauf ihrer 100-jährigen Geschichte immer noch nicht registriert, dass die Leute ihre Opernkarten besonders gerne direkt vor Beginn einer Vorstellung abholen. Ich stehe in einer von zwei fast 50 Meter langen Schlangen. Gut 20 Minuten warten. Lachenmann beginnt mehr als eine Viertelstunde später. Ist auch kein Einzelfall. Beim Lohengrin im Frühling stand ich auch 20 Minuten in der Schlange.

Kritik/Review: Das Mädchen mit den Schwefelhölzern ist hörenswert