Lieben Staatsopernbesucher improvisierte Reden von der Bühne herab über alles? Jaaaaa. Besonders nach Vorstellungsende und besonders wenn sie von Barenboim kommen. Die Rede zum – 50.? – Berliner Bühnenjubiläum von Domingo nach dem Boccanegra war sehr rührend. Aber heute Abend.. Erst mal durchatmen. Schön der Reihe nach.
Der letzte Don Giovanni dieser Saison. Schlussapplaus. Barenboim signalisiert: Ich sag noch was. Stille. Dann Barenboims modulierende, leicht näselnde Stimme mit dem typischen, melodischen und behutsamen Auf und Ab. Aha, 20 Jahre leitet er die Staatskapelle also jetzt. Dann: „mein letztes Konzert mit der Staatskapelle“. Für eine halbe Sekunde erleidet der Operngeher in mir den klinischen Tod. Stille im Opernhaus. In mir ballt sich irgendwo etwas in Stecknadelkopfgröße zusammen: Splitter von Barenboim-Sternstunden, Parsifal und Tristan. Sterbende erleben so was. Wildfremde Leute wispern sich zu: „Hat er jetzt gesagt, dass er geht?“ Im Foyer ein Thema: Rücktritt? Hört Barenboim auf? Verlässt er Berlin? Ist er nicht mehr an der Staatsoper? Wo ist Flimm?
Rücktritt, o Gott. Herr Barenboim. Wissen Sie, was Sie mit gewissen Sätzen anrichten? Verehrter Herr Barenboim. Sie wollen einfach nur sagen, dass dies ihr letztes Konzert mit der Staatskapelle IN DIESER SAISON ist? Dann einfach diese 3 Wörter auch noch mit in den Satz packen. Dauert etwas länger, erspart uns armen Eumeln aber Herzstillstände, Nervenzusammenbrüche, Telefonate um kurz vor Mitternacht bei Leuten, die mehr wissen könnten, schlechte Träume und ähnliche Unannehmlichkeiten. Der Giovanni heute Abend war übrigens gewohnt hübsches Niveau.
Sie sind ja oft unterwegs :-) War ein Schocker, was Barenboim gestern Abend gesagt hat. Auf dem Nachhauseweg haben wir diskutiert und diskutiert, was er gemeint hat. Ich bin überzeugt, er wollte das nicht so sagen und meinte Hey, letztes Konzert der Saison, hat Spaß gemacht mit euch, 20 Jahre in Berlin, war auch toll etc.
Ich habe drei Mal den Don Giovanni von Guth in der Staatsoper gesehen und bin immer noch begeistert. Claus Guths Inszenierung ist genial. Anna Prohaska ist toll, Erwin Schrott ist toll, Dorothea Röschmann ist toll, Maria Bengtsson war toll. Auch der Ottavio hat mir sehr gut gefallen. Was Röschmann macht ist wirklich genial. Die Contessa von Röschmann kam mir übrigens auch nicht ganz so überzeugend vor wie die Elvira von ihr. Und ja, ihre Elsa war ein Versuch wert aber da gibt es bessere. Maria Bengtsson bekam meiner Ansicht nach zu wenig Applaus.
Hoffen wir, dass Barenboim noch lange bleibt!!!!!!!!!
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Könnte doch sein er meint es ernst, bzw. ist ganz kurz davor hinzuschmeißen? Und das war eine kleine bewusste Weglassung eines Halbsatzes als quasi Testballon? Begeistert über die Verzögerung bei den Bauarbeiten der Staatsoper wird er jedenfalls nicht sein…
Egal, Barenboim MUSS in Berlin bleiben, es wäre ein unermesslicher Verlust wenn er geht, die Musiker seines Formats, die noch leben, kann man an einer Hand abzählen. Ich hoffe er hat nur ein bisschen gepokert.
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Wäre eine Katastrophe. Auf der Staatsopernseite steht nix, niemand weiß was, aber ich habe ein verdammt ungutes Gefühl. Barenboim exekutiert hin und wieder mal einen deutschen Akkusativ, aber er weiß immer, was und wie er es sagen muss, damit seine Botschaft ankommt.
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NEeeeeeiiiiiinnn!!!!!!! Lieber Gott mach, dass er bleibt!!!
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Mir kommen die Tränen wenn ich das lese. War im zweiten Don Giovanni, war allererste Sahne, aber glück gehabt, wäre umgekippt wenn ich das gehört hätte. Merkel soll bei Barenboim anrufen und intervenieren. Wowereit hat ja grade ne Pechsträhne, der soll hübsch die Pfoten vom Telefon lassen. Außerdem kann Barenboim den Wowi grad eh nich ab wegen dem Renovierungstohuwabohu hehe
Was Berlin blüht wenn DB weg ist kann man ja teilweise an der DOB erleben, alle Achtung vor den Runnicles und Zagroseks dieser Erde aber Barenboim hat den Fuß in Türen drin, da ahnen Runnicles und Co gar nichts von.
Sieht man ja auch an der Staatskapelle. 9. Sinfonie von Mahler werde ich nie vergessen, da haben auch die Philharmoniker Schwierigkeiten mit diesem Niveau.
Die Deutsche Oper wird sich schon mal die Hände reiben. München ebenso. Hoffen wir das beste.
LG
Alina
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@Barenboim exekutiert hin und wieder mal einen deutschen Akkusativ
Mal ehrlich, gestern abend habe ich noch gedacht, alles Humbug mit Rücktritt usw. Barenboim hat sich ungeschickt ausgedrückt, fertig. Nach einer drüber geschlafenen Nacht tendiere ich dazu, dass irgendwas im Busch ist. Stimmt schon, Barenboim quatscht nicht einfach drauflos.
@quasi Testballon
Und Barenboim? Wohin? Was machen? Am naheliegendsten wäre Mailand. Aber Italien = Finanzkrisendauerkandidat. Kommt er da nicht vom Regen in die Traufe?
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Er wird dieses Jahr 70. Und muss nichts mehr beweisen. Gesundheitlich ging es ihm schon schlecht und er hat sich wieder etwas gefangen, aber seine Ärzte raten sicher eher zur Schonung. Er wird bis an das hoffentlich ferne Ende seiner Tage bei den Spitzenorchestern der Welt als Gast gern gesehen sein. Vielleicht ist er nach 20 Jahren einfach müde von seinem Orchester und der Staatsoper? (Und dort auch so manche von ihm)
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Ich kann mir nicht vorstellen, dass Barenboim kürzer tritt nur weil er 70 ist, so à la Abbado und „Ich will in Zukunft mehr Zeit fürs Segeln haben.“ OK, wenn es gesundheitliche Probleme gibt, dann ist das was anderes. Aber Barenboim scheint – bislang zumindest – die Physis eines argentinischen Stiers mit dem Durchhaltevermögen eines israelischen Mossad-Agenten zu vereinen…
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Das mit den Mossad-Agenten ist nur ein Mythos. Die die nicht durchhalten, haben halt nachträglich nie existiert… ;)
Über Barenboim kann man noch ewig spekulieren. Es gab Zeiten vor 1-2 Jahren, da sah er sehr schlecht aus. Auch ist in Berlin das Wetter für ihn einfach nicht so gut wie in der Vergangenheit. Er hat alles erreicht was zu erreichen ist. Das Orchester verdankt ihm viel, aber es dankt es ihm nicht und umgekehrt lässt der Respekt auch oft zu wünschen übrig. Die Staatsoper wird nicht fertig. etc. etc.
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Barenboim auf nachrichten.at: „Behaupte ich, dass ich mich wie mit 22 fühle, dann ist das eine große Lüge. Ich bin jedoch bei guter Gesundheit. Nur brauche ich zum Regenerieren jetzt ein bisschen mehr Zeit. Die freien Nachmittage vor jedem Konzert waren früher nicht nötig.“
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