Hier die Kritik zum Deutsche-Oper-Lohengrin 2017 mit Klaus Florian Vogt lesen!

Die Inszenierung ist von entwaffnender Unerheblichkeit. Die Besetzung ist mäßig. Donald Runnicles‘ Dirigat ist mit Ach und Krach gut zu nennen.

Im Laufe des Nachmittags wurde klar, dass Klaus Florian Vogt nicht singt. Martin Homrich springt ein. Er steht hinterm Notenpult und singt einen Lohengrin, dem weder eine große Karriere als Autoverkäufer noch als Herzensbrecher bevorstünde. Doch Homrich singt textgenau und mit charakteristischem Timbre. Ich höre Martin Homrich mit Geduld, Interesse und einer Portion gutem Willen an, wenn man sich drein gefunden hat, dass heute Abend ein Tamino den Lohengrin singt. An Carsten Meyer, dem Leiter der Statisterie, der den Lohengrin zu Homrichs Stimme mimt, kann man ermessen, wie sich normale Menschen, wie zum Beispiel ein Leiter der Statisterie, den Lohengrin vorstellen: Meyer breitet in sympathischer Emphase entweder beide Arme oder einen Arm flehentlich in alle möglichen Richtungen und zu allen möglichen Personen (und Tieren) hin aus, ganz egal was Lohengrin gerade singt.

Petra Lang (Ortrud) machte durch ihre wenigen, aber prachtvollen und gekonnt platzierten Spitzentöne den nicht ganz so makellosen Eindruck, den die anderen Lagen ihrer Stimme machten, wett. Ricarda Merbeth (Elsa) startete sehr gut. Schön fokussierte, klare, leuchtende, fast silbrige – wohl auch mehr zu Strauss als zu Wagner tendierende -, etwas locker bzw. angenehm flüssig geführte Sopranstimme.

Im dritten Akt kam die Stunde der Wahrheit. Hier ließen alle Sänger Federn, wenn auch nicht ihre Stimmen. Ricarda Merbeth fand in der Brautgemachszene in den bewegten Partien nicht den rechten dramatischen Ton (Das ist aber auch schwierig! Dorothea Röschmann verhedderte sich Anno 2009 in der Staatsoper auch in dieser Sezene…). Petra Lang klang greller. Marin Homrichs „Im fernen Land“ hatte seine heikle Stelle bei „… sein Ritter ich“, respektive beim „ich“, als  Homrich gefährdet schien wie ein angezählter Boxer in der elften Runde, aber dann brachte er es einigermaßen gut zu Ende.

Die anhaltenden Buhs für Albert Dohmen (König Heinrich) und Gordon Hawkins (Telramund) fand ich hart. Albert Dohmen sang energisch. Bastiaan Everink sang den Heerrufer mit markanter Stimme, platzierte seine Fortes aber immer wieder unpassend. Der trommelfell-angreifende Chor – war der nicht ständig zu laut? – glänzt mit hervorragenden Tenören.

Zur Inszenierung ist wenig zu sagen. Kaspar Holtens Regiearbeit ist nur ein bisschen dumm und nicht übermäßig bekloppt, doch alles in allem ziemlich überflüssig. Oder haben Sie eine andere Meinung? Das Publikum nahm Holtens Leistung mit stoischem Fatalismus auf. Die Buhs nach dem ersten Akt hielten sich in Grenzen. Ach, der Herr Donald Runnicles. Ist es nicht ein ungutes Zeichen, wenn der Chef des Hauses vor dem Vorhang so wenig herzlichen Applaus bekommt? Wohlgemerkt nach einem Lohengrin und nicht nach einem Liebestrank? Runnicles hält anständiges Niveau. Mehrere schön fließende Stellen, aber immer etwas laut, etwas wenig suggestiv, wenig zart. Kann die Klarinette nicht aufregender blasen, wenn wir am Anfang von „Das süße Lied verhallt“ stehen? Und wo Schmackes gefragt ist, gibt Runnicles volle Breiteseite, aber kein Feuer. Will er nicht? Kann er nicht?

Ach Jottchen, was für eine hübsche Sache war der Staatsopern-Lohengrin von 2009, oder war’s 2008. Stefan Herheim inszenierte frisch von der Leber weg. Es sangen Klaus Florian Vogt und ein fantastischer Kwangchoul Youn. Es dirigierte Daniel Barenboim. Tja…

Heinrich Albert Dohmen
Lohengrin Martin Homrich
Elsa Ricarda Merbeth
Telramund Gordon Hawkins
Ortrud Petra Lang
Heerrufer Bastiaan Everink