Il Nozze di Figaro Julien Salemkour Thomas Langhoff Anna Samuil Hanno Müller-Brachmann Arttu Kartaja Sylvia Schwartz

Waltraud Meier sagt ihr Konzert ab. James Levine sagt sein Konzert ab. Er hat Rückenprobleme. Nichts ists mit dem Benefizkonzert der Staatskapelle. Also setzt die Staatsoper einen Figaro auf den Spielplan, der nur ein Drittel des Üblichen kostet. Fast ausverkauft.

Arttu Kartaja: hager, gibt dem Grafen eine schöne Spontaneität, sehr achtbar, sehr sorgfältig, schlanke, leichte, trockene, helle Baritonstimme. Nach dem misslungenen Heerrufer der letzten Festtage hat er eine sehr positive Entwicklung hingelegt.
Sylvia Schwartz: leichte, in der Höhe kostbare Stimme.
Anna Samuil: aus dem Bett ‚auferstanden‘, wie der Herr von der Staatsoper vor Beginn der Vorstellung erklärt, will sagen auferstanden aus den Ruinen einer Erkältung. Vorsichtiger Beginn.
Hanno Müller-Brachmann setzt in ‚Non più andrai‘ zu früh an, oder Salemkour ist zu langsam. Dann vergisst er im dritten Akt eine Rezitativzeile. Die Worte der Souffleuse hallen durch die Staatsoper.
Der Cherubino von Rachel Frenkel anstatt dem von Katharina Kammerloher war eine Enttäuschung.

Thomas Langhoffs Inszenierung ist angenehm, kuliviert, lebhaft in den Details, etwas humoristisch, etwas erotisch, sparsam in den Requisiten. Zum Schluss schlägt das Pendel eher in Richtung Abrundung aus als in Richtung Konflikt. Im Ganzen ist sie menschenfreundlich gesinnt, deswegen auch die schönen Menschenbilder in einem luftigen großen Raum. Dem vierten Akt fehlen Charme oder Konsequenz. Nach den Beethoven/Sibeliuskonzerten der Philharmoniker unter Rattle ist es eine harte Nuss, die Staatskapelle unter Salemkour zu hören. Sie spielt den Figaro wie ein Haufen lustloser Salieris. Zwei Bässe, drei Celli links, dann die 1. Geigen, dann die Bratschen, rechts die 2. Geigen. Es spielt die zweite Garde. Es ist durchweg zu laut. Wahrscheinlich probt die erste mit Barenboim Mahler Dritte. Man denkt jedes einzelne Mal, wenn man Figaro hört: Auch die unscheinbarsten Nummern sind von schlawinerhaft-beiläufiger Vollkommenheit.