Il Turco in Italia Riccardo Frizza David Alden Alexandrina Pendatchanska Colin Lee Andrea Concetti Giovanni Furlanetto Katharina Kammerloher Alfredo Daza
Es ist eisig kalt, und in der Staatsoper dringt die Kälte durch alte Fensterrahmen an manche vermeintlich geschützte Ecke. Selbst im Zuschauerraum, wo man in wärmeren Monaten gerne mehr ablegen möchte, als schicklich ist, herrschen nicht viel mehr als temperierte Temperaturen. Was guckt man sich an? Im Berlin der Vorweihnachtszeit, das von Simon Rattle und Daniel Barenboim gemieden wird wie derzeit nur die Deutsche Oper von Christian Thielemann, ist man auf den anständig besetzten Turco in Italia angewiesen, wenn man nicht an der Deutschen Oper für das dreifache Geld einen ähnlich anständigen Barbiere sehen will. Der Turco unter den Linden weckt weniger den Türken in uns wie ein Besuch am Kottbusser Tor. Die Staatskapelle spielt zur Vorweihnachtszeit mit jener liebenswürdigen Ungenauigkeit, deren Charme über die mittelmäßigen Geigen und Bläser hinwegtröstet. Macht Konzertmeister Batzdorf Urlaub? Hilft er bei den Phiharmonikern aus? Verbringt er seine freien Abende im Berghain? Die Leitung liegt beim anständigen Frizza, einem halbwegs jungen Mann aus Italien, bei dem man sich nicht sicher ist, ob er mit mehr Proben mehr aus Rossinis Musik gemacht hätte.
Regiechef Alden spult seinen Rossini mit typisch britischem Tempo ab. Die Tragödie in der Komödie – gibt’s nicht. Die Bühne – quietschbunt. Die Moral von der Geschichte – mehr als Kleinbürgerfarce kommt nicht raus. Menscheln tut es ein bissl, als Fiorilla ihr Dasein als Flirtgeschoss beendet und wieder reuige Hausfrau wird. Alexandrina Pendatchanska (Fiorilla) ist ein braungebrannter Augenschmaus, nicht zu drall und nicht zu mager. Die kleine Stimme ist oben brillant, unten weniger. Sauberer Ziergesang, sauberes Timing. Die Premiere sang Christine Schäfer. Seit längerem habe ich die hagere Katharina Kammerloher wieder einmal gehört. Nie kommt ihre Phrasierung ins Schlingern, die Höhe vibriert mit enger Amplitude, die nicht eigentlich schöne, doch charakteristische Farbe ist fast über den gesamten Umfang hoch attraktiv. Ein Schmauserl war Colin Lees hell timbrierter Tenor (Don Narciso), die energischste Stimme des Abends. Andrea Concetti (Don Geronio) war als Don Giovanni auch nicht besser.