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Ein denkwürdiges Programmmenü, das im ersten Teil die Snobs und im zweiten die Gourmets befriedigte. Schönbergs Erwartung entpuppte sich als ein Werk, das mit Leichtigkeit übers Weltniveau hoppelt. Ich bin mir sicher, dass man nach dreimaligem Hören einige Stellen genauso pfeifen kann wie den Hochzeitsmarsch aus Lohengrin. Die expressionistischen Peinlichkeiten der Textvorlage lassen sich nicht ignorieren, aber generös überhören. Die unverwüstlichen Themen in der Erwartung gleichen jenen Sehnen, die man sich nach dem Genuss eines Wiener Schnitzels aus den Zahnzwischenräumen stochert. Die Instrumentation ist schlichtweg perfekt. Einiges hat Salome-Melos in sich. Evelyn Herlitzius (rote Abendrobe) füllte es mit ausladendem Ton. Die Begleitmusik zu einer Lichtspielszene wirkte gegenüber der Erwartung als konstruktive und koloristische Skizze, oder so wie Beethovens op. 54 neben op. 53 wirkt. Vom Brahmsschen Klavierquartett in Schönbergs Instrumentation hatte ich mir etwas mehr erwartet. Erster und zweiter Satz wirkten, nun ja, etwas monochrom, das Brahmssche Gemütsfett wurde durch den echt Rattleschen Fleischwolf gedreht, gesalzen, gepfeffert und in die glänzende Pelle gepresst. Die Coda des vierten Satzes gehörte mit Stellen aus der Brucknerneunten (2008) und aus dem Rondo der Mahlerneunten (2007) zu jenen orchestertechnisch mirakulösen Stellen, die die Berliner unter Rattle schaffen. Keine einzige Dame an den Celli. Das gab’s auch schon lange nicht mehr. Haben sich die Damen Solène Kermarrec und Rachel Helleur Domingo und Barenboim in der Staatsoper angehört? Wenzel Fuchs befindet sich in klarinettistischer Hochform, ein Lionel Messi der Klarinette. Braunstein Konzertmeister, Stabrawa neben ihm.