Giedrė Šlekytė, eine der interessantesten aus der jungen Generation, dirigiert beim RSB.

Ein Programm, schrill und schräg wie ein Otto Dix.

Zuerst Short Ride in a Fast Machine von John Adams. Petrenko machte es, Rattle machte es, jetzt catcht Šlekytė sich den Ride. Diese feine Sache von 1986, vier Minuten lang à peu près, ist vollgetankt mit konzentrierter Kraft und hellem Flimmern. Zuerst Bläser, dann Streicher dazu, und wenn die Trompeten-Fanfare kommt, ist Schlussgerade angesagt. Alles schlank instrumentiert. Bei Šlekytė ist es härter, aber ähnlich genau wie bei Petrenko. Bei dem war mehr Glitzer.

Es folgt programmatisch der komplette U-Turn. Der junge französische Cellist Victor Julien-Laferrière spielt das beeindruckend effektlose Schumannkonzert.

Julien-Laferrière macht das hervorragend, spielt Gefühls-engagiert und mit behutsamster Spontaneität, mit lyrischer Präzision und lauter im Ton. Das RSB: nur 3 Bässe, 4 Celli, exzellent. Ich höre übrigens zwei Cellokonzerte binnen 24 Stunden, nachdem gestern bei der Staatskapelle Alisa Weilerstein Britten spielte. Das klappt selbst in Berlin nicht oft.

Gestern war in der Pause der Cappuccino schlecht, heute gibt es keinen Cappuccino, dafür ist nach der Pause die Komposition schlecht. This Midnight Hour von Anna Clyne stellt einfach zu viele Klang-Torten in die Thekenvitrine. Da hilft eine nette inspiration durch Lyrik von Baudelaire auch nicht. Abhilfe schafft der in den Zwanzigzwanzigern erstaunlich populäre Wunderbare Mandarin von Bartók. Giedrė Šlekytė dirigiert mit Biss, aber mit etwas zu viel Schlagbohrmaschine.

Darf man anmerken, dass es doch bedauerlich ist, dass Marek Janowski offenbar nie mehr zum RSB zurückgekehrt ist? So Sachen wie Brahms 1. oder 2. Klavierkonzert waren mit RSB+Janowski einsame Berliner Spitze.