Ein Rosenkavalier in André Hellers hübscher Inszenierung an der Staatsoper. Emily D’Angelo, Regula Mühlemann und Diana Damrau rollendebütieren.
Die Sophie Regula Mühlemann schlägt sich am besten. Das ist ein tonreiner lyrischer Sopran, ohne das temperamentvolle Singen von Nadine Sierra freilich, aber vergleichbar attraktiv, wenn der Segelsopran zu Wie himmlische, nicht irdische, wie Rosen vom hochheiligen Paradies auffliegt. Mühlemann singt silberklar, die Gesangslinie leuchtet, und sie hat für die Geldadeltochter genau das wohlerzogene Temperament, dazu nimmt man ihr ab, dass sie den Rosenkavalier ohne Umwege anbaggert. In der Hosenrolle zwischen zwei Frauen trifft die schlaksige Emily D’Angelo, ausgestattet mit einem markanten Gesicht, genau das 17-Jährige. Ihr Mezzo flammt auf, hat maskuline Energie und kühles Vibrato, am besten funktioniert es bei Affekt-Aufschwüngen. Für einen erstklassigen Oktavian ist die Diktion zu verwaschen. Darunter leiden nicht nur das Parlando, sondern die Duette im zweiten und dritten Akt.
Auch Diana Damrau debütiert. Sie klingt leise, spielt mit tausend kleinen Gesten, transparent die Diktion. Insgesamt ist das ziemlich leicht für eine Marschallin, da Kober mit dem Orchester nicht spart. Damrau ist eher eine 25-Jährige als eine 55-Jährige, mehr Resi als Feldmarschallin, mehr mädchenhaft als mondän, mehr nervös-intelligent als weltläufig-schwermütig. Aber die Klasse ist da, man hört viel mit kostbarem Vibrato leichthin Hingespinseltes.
Den Octavian in der Beislszene zu spielen scheint schwierig zu sein. D’Angelo macht es mit dem Mut der Verzweiflung der Debütantin, linkisch gespielt, zudem wirkt das linkisch Gespielte linkisch, aber gelacht wird trotzdem. Kožená bei ihrem Debüt damals unter Rattle konnte man auch kaum anschauen.
Den Ochs singt David Steffens mit sehr gutem Material, aber es klingt angelernt. Das ist kein k-und-k-Landadel, sondern niederösterreichischer Sparkassenfilialleiter. Eher jung-dynamisch, weniger hochbarocke Lebensfülle (Groissböck brachte eine Mischung aus beiden). Und Steffens, der Bayer, wienert zu sehr. Neben der Sophie ist der Faninal von Roman Trekel der beste Interpret heute Abend, das Neureichentum im zweiten Akt, die Panik nach der Spadiszene, der Väterliche im dritten Akt, alles da.
Das Ensemble singt prächtig, als Annina fuchtelt Alexandra Ionis im dritten Akt unvergesslich mit den Armen, könnte bei Herr Kavalier, immer einer der Höhepunkte, am Ende vom 2. Akt den Hofmannsthaltext verständlicher vors Ohr bringen. Der Sänger (Andrés Moreno García) darf so umwerfend Legato singen, wie das bei Verdi oder Puccini nicht möglich ist (außer bei Ah, la paterna mano oder Quando le sere). Axel Kober leitet stellenweise fast so langsam wie Mehta an der Premiere, aber ohne dessen Fluidum. Ein mittelmäßiges Dirigat, überdies oft zu laut, ohne allzu viel metaphysischen Untergrund, gut nur bei den turbulenten Genreszenen im letzten Akt.
Gehört die Vorstellung am 22. Januar
War heute drin. Richtig warm geworden bin ich nicht mit Damrau, das hat zwar Klasse, aber richtig plausibel will mir der Wechsel von Sophie zu Marschallin nicht erscheinen.
Kober wollte ich eigentlich meiden, jetzt weiß ich auch wieder, wieso. Naja.
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Danke. Zerbinetta wird zu der Ollen ? Aber egal, wir werden sie bestimmt noch öfter in schönen Rollen sehen, denn Thielemann ist ein großer Fan von ihr. Ich sah ihn mal in der DO in einem Liedermorgen eine Reihe schräg vor uns sitzen, und es war interessant, wie er von einem normalen Menschen plötzlich zu Christian Thielemann wurde, als das Programm und die Konzentration begann.
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Eine der letzten Karten für Petrenko-Zimmermann gekauft. Ist schon ein sauberes Programm, Elgarkonzert und Lemminkäinen mit dem Zimmermann. Ich hab damals Shaham mit dem Elgar (Zinman, 2008) gehört und komplett langweilig gefunden. Aber! jetzt in der Concert Hall nachgehört und finde Shaham mit dem h-Moll-Konzert höllenmäßig attraktiv, schon mehr als fünfmal durchgehört, vorne bis hinten. Und auch Benedetti auf einmal super, super, super (W. Jurowski, Philharmonia). Capucon bringt aber nach wie vor nichts zum Schwingen (Rattle mit dem LSO auch nicht). Und, mal ehrlich, wie viel besser klingt das BPh unter Zinman als das LSO unter Rattle. Und für Lemminkäinen würde ich auf die Finnen schwören, etwa mit Lintu. Mal sehen, ob Petrenko da rankommt.
Und toi, toi, toi, dass Bronfman beim RSB nicht absagt (wegen Currywurst-Inkongestion zum Beispiel)
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Göbel
https://www.radiodrei.de/musik/rezensionen/buehne/2025/01/deutsche-oper-berlin-die-frau-ohne-schatten.html
Ist halt ungeschickt, wenn die Frau Unter Linden vor drei Monaten als Repertoire in jeder Hauptrolle besser besetzt war als jetzt die Premiere an der Bismarckstraße. Außerdem altert die Guth-Inszenierung gut. Hoffentlich dirigiert Thielemann das noch 40 Mal, gerne auch mal wieder mit Koch als Barak.
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Die Kaiserin überhaupt nicht zu erwähnen ist nun aber auch kein Ruhmesblatt des Kritikers – allein… erwähnenswert war sie auch nicht. – Gehe vollkommen d’accord mit der Beurteilung der Linden-FroSch im direkten Vergleich (wobei Trinks mich allerdings nicht glücklich machte).
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Mannomann, heute war ich auf einem Vorspielabend an der UdK, wo zukünftige Musiklehrer üben, wie man vor Publikum spielt. Danach kann man sich nur noch sagen : armes Berlin. Mein Sohn spielte Chopin Klaviersonate Nr. 3, 1. Satz, recht ordentlich. Und ansonsten Mozart Sonatinen, Bach Präludien and the like. Da waren die Vorspielabende bei meiner Klavierlehrerin interessanter, bei der der Sohn vom Stockhausen oder der Pianist der Anna Prohaska gelernt haben. Und das soll eine Kunsthochschule sein. Au weia.
Das schlimmste aber ist : Die Lehrerin ist eine Chinesin, die Steinway Artist ist (eine von ca. 2000 weltweit), mal einen Meisterkurs bei Barenboim über Beethoven gemacht und anscheinend bei dieser Gelegenheit etliche beethovensche Klaviersonaten in der Carnegie Hall gespielt hat. Und nun verdient sie hier ihre Brötchen, um Berliner Lehrer auszubilden, die sich nicht anstrengen wollen.
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Aber als Kritiker sieht man das alles immer aus einer völlig anderen, und deshalb falschen Perspektive, als die, die die Musik nun mal machen. Die denken überwiegend irrational und wenig analytisch, sondern machen Musik.
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