Das nächste Brucknerjahr ist erst 2046.
Jetzt leitet Andris Nelsons die Achte. Es ist ein getrübtes Vergnügen.
Auch wenn die Berliner Philharmoniker Streicher aufbieten, die mit weicher Delikatesse ganz entspannt gelöst spielen. Es will was heißen, wenn im ersten Satz die Durchführung nicht pathetisch, sondern in wunderlicher Sattheit losgeht. Dazu tönen die Einwürfe der Bläser gelockert bis zum Anekdotischen. Nelsons, der lettische Dirigent, will uns sagen: Diese Einwürfe sind keine trockenen Motivabspaltungen, sondern lebensvolle Gesten aus dem Herzens-Hier und Jetzt.
Das dritte Thema schmettert. Der Klang ist weich, das Stimmengewebe stretchy wie gepolstertes Spaghetti-Top. Doch hat man die Sinfonie Nr. 8 selten so souverän, so aus einem gelungenen Augenblick heraus gespielt gehört.
Im Scherzo ist dann alles Augenblick. Man sieht es quasi vor sich: Bruckner feiertags beim Ausflug in der Kutsche mit Alkohol und lustigen Malheuren.
Und im Adagio der Achten – Thema 1, Thema 2, Variation 1. Thema, Variation 2. Thema, 2. Variation 1. Thema, Coda 2. Thema – ist alles ein Blühen und Überblühen. Gleich zu Beginn wird der Harfenausklang des ersten Themas fast süßlich gebremst. Und am Ende hat der Höhepunkt vor der Coda etwas von Rosenkavalier und der Hörner-Epilog etwas von Mahler-Adagietto. Zu bewundern bleibt indes eine auf Schritt und Tritt bestrickende Detail-Intensität. Es scheint zudem unpassend, dass wenige Augenblicke später die üppig aufgepimperte Wucht des Finale-Themas (über den Vierteln der Streicher, die Bruckner als „Hufschläge“ bezeichnete) schallt, als gäb es kein Nachher. Bekanntlich ist dieses „Nachher“ eines der eher längeren in der Geschichte der Sinfonie.
Fazit: beeindruckende Bruckner-Interpretation, aber nicht ganz mein Bier.
Weitere Kritik: „Im Findungsprozess“ (Göbel, RBB)
die Mordents sind wirklich mörderisch
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