Andrés Orozco-Estrada, dessen Abgang bei den Wiener Symphonikern vor zwei Jahren nicht geräuschlos verlief und der letztes Jahr an der Staatsoper eine schöne Bohème leitete, dirigiert heute das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, langsam das Cellokonzert von Dvořák, schnell den Don Juan von Strauss.
Die junge Julia Hagen, am Anfang nervös, spielt sich leidenschaftlich durch Dvořáks schönes Cello-Werk. Wo nötig, behauptet sich Hagen (blaues Kleid) gegen die starke Präsenz böhmischer Hornfanfaren. Verschlungene Überleitungen hat es reichlich in dem Konzert. Orozco-Estrada kostet sie aus. Julia Hagen kostet Teil eins der Durchführung kantabel aus, während die folgenden Figurationen wild zur Reprise – mit dem 2. Thema! – führen. Für ein in den 1890ern entstandenes Werk ist die Orchesterexposition ausführlich, länger wirds nur noch bei Elgars Violinkonzert. Was 1910 dann aber auch schon anachronistisch wirkte.
Den Don Juan nach dem Gedicht von Nikolaus Lenau spielt das RSB turbulent. Und Berlinerisch handfest. Die erste Geliebte ist heute ungewöhnlich schnell Geschichte. Der dritten Geliebten, Nikolaus Lenaus Anna, spendierte Strauss zwei Themen, die außerordentliche g-Moll-Kantilene von Bratschen und Celli und das Oboenthema („Wenn Anna sinnend mich betrachtet, daß rings um sie die Welt mir nachtet, wird mir in ihres Auges Grund noch eine tiefre Wonne kund„). Das RSB glänzt.
Heute abend hört man zwei komponierte Orgasmen, den ersten im Don Juan (Lenaus Gräfin Maria, die zweite Geliebte, Takt 149), und den zweiten zu Beginn der Rosenkavaliersuite. Die wird gut gespielt. Aber nicht kitschig genug.
Alfredo, Alfredo, in questo cuore, non puoi comprendere, tutto l’amore.
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