Christian Thielemann mit der Sinfonie Nr. 5 von Anton Bruckner, die er dieses Jahr auch schon mit dem BRSO machte.

Es ist ein fulminantes Konzert der Staatskapelle Berlin. Aber eines mit Bedenken. Wenn auch mit zweitrangigen.

Christian Thielemann favorisiert eine abgerundete Attacke. Die Fanfaren der Introduktion klingen wie mit Gerhard Richter’scher Unschärfe abgesoftet. Das Losschlagen der dritten Themen geschieht wie mit dem Bedacht des Baumeisters vor der Integrität der Architektur – wobei Thema 3, Kopfsatz, so schlawinerhaft schön ansetzt wie sonst keines bei Bruckner.

Bedächtig das Tempo, wo man sich an Ticciatis schlanken Bruckner, an Petrenkos tempogeschärften Mahler gewöhnt hat.

Was fällt weiter auf? Die Kontinuität zwischen den Themengruppen. Die lässt Thielemann aufsteigen wie Visionen. Selbst Generalpausen gleiten. Aber die Schönheit der Bläserstellen hat etwas Gesuchtes. Und ein Zug von Baumeisterlichkeit ist bemerkbar, in den Durchführungen, den Introduktionen, den Entspannungsverläufen. Das Blech ist den ganzen Abend superknackig, und hat dabei immer auch so eine Morbidezza. Stark die F-Trompeten. Überhaupt das Tutti, markant, nobel, gerundete Kraft. Guggeis‘ Stärke war ein klingendes ff-Tutti nun nicht.

Für das Adagio habe ich hin und wieder Desinteresse, etwa bei Stellen wie dem langen Hinmünden in die Themenreprise (die mit den Sechzehntelsextolen). Ziemlich am Anfang des Satzes einer der Höhepunkte (fast der letzten Jahre), nämlich als das Thema zwei nach dem neckischen Zwischenspiel von Flöte und spiccato-Geigen als expansive Neufassung wiederkehrt. Selbst beim Abebben kribbelt’s.

Tiptop, umwerfend das Scherzo. Mag sein, dass es an der aufreizend flapsigen Dirigierweise von Thielemann liegt. Paroxysmen der Tanzgemütlichkeit, gustös ausgepinselt, aber ohne jedes Schlechtmachen. Die Staatskapelle adelt’s durch traumhaftes Zusammenspiel von Holz und Blech. Herrlich auch noch die lange zweite Themengruppe im Finale, deren Mehrstimmigkeit wie beschwipst ins Schwimmen gerät.

Gerne wieder. Thielemann kann übrigens auch unvergleichlich so was wie Schönberg, Messiaen.